Bund und Land kaufen Berliner Museum: Bittersüße Vergesellschaftung

Bund und Land Berlin beenden Zitterpartie um Berliner Museum für Gegenwartskunst. Das kostet rund 170 Millionen Euro, die nicht hätten entstehen müssen.

Ein Gruppenfoto mit Franziska Giffey, Sam Bardaouil, Claudia Roth und Till Fellrath

Pressekonferenz mit Beigeschmack Foto: Annette Riedl/dpa

Es ist eine sehr gute Nachricht, für die Kunst, für die Museen Berlins, für die Öffentlichkeit, „für die Demokratie“, wie es Kulturstaatsministerin Claudia Roth Dienstagnachmittag formulierte. Denn der Bund wie auch das Land Berlin setzen gemeinsam der langjährigen Zitterpartie um eines der wichtigsten Museen für zeitgenössische Kunst in Deutschland ein Ende.

Grundstück und Gebäude des Hamburger Bahnhofs, der nunmehr symbolisch mit dem Zusatz „Nationalgalerie der Gegenwart“ bezeichnet wird, gelangen wieder zurück in öffentlichen Besitz. Bislang gehörten sie dem Wiener Immobilienkonzern CA Immo. Nun kann das seit Anfang 2022 eingesetzte Direktorenduo Sam Bardaouil und Till Fellrath endlich auch ein sicheres Programm für sein Museum festlegen. Vielleicht, so die Hoffnung, würden damit auch die Strukturgelder erhöht, etwa um die Sammlung des Museums um junge, zeitgenössische Kunst weiter auszubauen.

Doch trotzdem hatte die Pressekonferenz etwas Bitteres, zu der Claudia Roth (Grüne) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Dienstagnachmittag einluden. Das musste auch der anwesende Berliner Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) zugeben. Denn was nun Bund und Land Berlin mit gut 170 Millionen Euro für die Öffentlichkeit erwerben, hat ihr schon einmal gehört.

Ein ordentliches „Filetstück“

Die jüngere Geschichte um den Hamburger Bahnhof, der von 1847 bis 1884 wirklich einmal als Passagierbahnhof diente, und die bis in die Zeit des geteilten Berlins hinein für den Güterverkehr genutzten Rieckhallen, reiht viele Versäumnisse der Berliner Politik nach der Wende auf. Die Liegenschaft der Bahn wurde zunächst der bundeseigenen Vivico GmbH vermacht, 2007 kaufte die CA Immo die Vivico auf.

Derweil aber hatte die Stadt Berlin mit dem 1994 gegründeten Museum im Hamburger Bahnhof und den 2004 für die private Flick-Collection vom Büro Kuehn Malvezzi umgebauten Rieckhallen einen Kunststandort geschaffen, unweit einen riesigen neuen Berliner Hauptbahnhof errichten lassen und zudem im Zuge der drumherum entstehenden Europacity einen Bebauungsplan für das Areal genehmigt, der an der Stelle der flachen, 250 Meter langen Rieckhallen auch eine hohe Bebauung vorsah. Die CA Immo musste nur die Zeit verstreichen lassen, um in Miet- wie auch Kaufverhandlungen für das Museum stets mit hohen Verkehrswerten argumentieren zu können.

Rund 78 Millionen zahlt das Land Berlin nun für das Grundstück der Rieckhallen und gibt der CA-Immo zusätzlich noch ein landeseigenes Grundstück am Humboldthafen, das mit 25 Millionen Euro Wert bemessen wird. Der Bund wiederum erwirbt für gut 66 Millionen Euro den Hamburger Bahnhof.

Ursprünglich hatte die CA Immo wohl zwei Grundstücke im Tausch gewollt, nun ist es nur noch eines. Dafür aber ein ordentliches „Filetstück“. Direkt am Wasser, an einer Kanalausbuchtung nahe der Spree, mit Blick auf den Hauptbahnhof und das Regierungsviertel, wo allein die baurechtliche Genehmigung jeder zusätzlichen Etage wie Goldbarren auf dem Grundstück wiegt.

Das Bebauungsplanverfahren für den Humboldthafen steht noch aus, noch kann die Stadt hier über das Baurecht mitgestalten. Ob denn vielleicht auf dem getauschten Grundstück ein Hochhaus entstehen könne, lautet die Frage während der Pressekonferenz. Nein, antwortet darauf Kultursenator Klaus Lederer (Linke) entschieden.

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