Bund und Land streiten um Ministeriumsbau: Die Offenheit im Regierungsviertel

Ein privates Konsortium will das neue Bildungsministerium bauen. Der Bund drückt auf die Tube. Doch der Bebauungsplan fehlt. Und die Occupy-Bewegung zeltet auf dem Areal.

Einst Strandbar, heute Occupy-Camp, künftig Baustelle Bild: dpa

Der Neubau des Bundesbildungsministeriums sorgt für Dissonanzen zwischen Bundes- und Landespolitik. Für den Bund ist das geplante Haus am Kapelleufer zwischen Hauptbahnhof und Bundestag ein Prestigeobjekt. Es soll das erste Ministerium werden, das von einem Zusammenschluss von Privatinvestoren geplant, errichtet und betrieben wird - auch um zu zeigen, dass die Privaten das besser und schneller können, als die öffentliche Hand kann. Im Dezember sollen bauvorbereitende Maßnahmen beginnen. Den Planern des Landes Berlin aber geht das viel zu schnell, es gibt noch keinen gültigen Bebauungsplan. Zwischen den Fronten findet sich nun durch Zufall die Occupy-Bewegung wieder, die das Areal Anfang November besetzt hatte.

Im Kern dreht sich der Streit um die Frage, wie offen das Regierungsviertel gestaltet werden soll. Die Bundesimmobilienanstalt (Bima), der das Grundstück gehört, plant aus Sicherheitsgründen ein Haus mit einer etwa 120 Meter langen, nicht öffentlichen Glas- und Steinfassade. Landes- und Bezirkspolitiker aller Fraktionen fordern hingegen im Erdgeschoss Geschäfte und Cafés. Diese Öffnung haben SPD und CDU in ihrem gerade abgeschlossenen Koalitionsvertrag bekräftigt. Das Viertel solle "qualitätsvoll entwickelt" werden, heißt es da. "Das Ziel einer lebendigen, urban integrierten Hauptstadt erfordert städtebauliche und politische Aufmerksamkeit und einen organisierten Dialog mit dem Bund." Der aber braucht mehr Zeit.

Zunächst muss es einen gültigen Bebauungsplan geben. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat bisher nur einen Entwurf. Der muss aber erst noch vom Abgeordnetenhaus abgesegnet werden. Das habe an vergleichbaren Orten im Innenstadtbereich teilweise schon Jahre gedauert, sagt der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Matthias Brauner. Auch diesmal möchte er genau prüfen: "Ich will da auch ein bisschen Leben haben, ob mir die bisherigen Planungen ausreichen, weiß ich noch nicht." Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD, Ellen Haußdörfer, ergänzt: "Schön für den Bund, wenn er möglichst bald bauvorbereitende Maßnahmen treffen will - wir treffen unsere Entscheidungen, wenn wir es für angemessen halten." Bis dahin passiere mit dem Gelände bautechnisch erst einmal nichts.

Damit gerät ein zentrales Anliegen des Bundes ins Wanken. Der Bau soll als erstes Ministerialgebäude in einer sogenannten Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) errichtet werden. Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung werden von einem privaten Konsortium übernommen. Das soll nicht nur die Qualität verbessern und die Kosten senken, sondern auch "höhere Terminsicherheit" erzielen, wie ein Sprecher des Bildungsministeriums mitteilt. Deshalb wolle der Bund "diese innovative Beschaffungsform verstärkt nutzen".

Das stößt bei Architekten auf Kritik. "Städtebauliche und architektonische Aspekte spielen so nur noch eine untergeordnete Rolle", kritisiert Peter Kever, Referent für Wettbewerb und Vergabe bei der Architektenkammer Berlin. Diese war zunächst an den Planungen beteiligt - bis klar war, dass es ein ÖPP-Projekt wird. Dafür braucht es nicht den sonst üblichen Architektenwettbewerb mit rund 250 Teilnehmern. "Dabei sorgt ein Wettbewerb genau dafür, dass öffentliche Räume mit Atmosphäre entwickelt werden", sagt Kever.

Auch die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Antje Kapek, kritisiert das Verfahren: "Es gab noch nie eine angemessene Debatte, wie die Hauptstadt gemeinsam mit den Bürgern entwickelt werden kann." Dass ausgerechnet das Gelände am Kapelleufer von der Occupy-Bewegung besetzt wurde, findet Kapek daher sehr stimmig: "An diesem ÖPP-Projekt zeigt sich das ganze demokratische Vakuum, das die sogenannten 99 Prozent kritisieren."

Kapek fordert ein "überfälliges Stadtgespräch" über den öffentlichen Raum. Die Bewohner des Occupy-Camps wollen sich daran beteiligen - von ihrer Zeltstadt aus. Zwar wurden sie aufgefordert, das Areal bis zum 30. November zu verlassen. Die Bima hofft, "dass keine Verzögerung des Neubaus eintreten wird". Die Occupisten sehen das anders. "Wir bleiben hier", glaubt Aktivist Johannes Ponader. "Wenn das Pilotprojekt etwas nicht gebrauchen kann, dann Negativbilder wie eine polizeiliche Räumung."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.