Bundesbank reagiert: Sarrazin droht Entmachtung

Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin soll wichtige Zuständigkeiten in der Behörde verlieren. Eine Entlassung ist nicht möglich.

Der Zuständigkeitsbereich des Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin soll eingeschränkt werden. Bild: dpa

MÜNCHEN ap/dpa | Nach seinen umstrittenen Äußerungen über Ausländer droht Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin jetzt die Entmachtung. Eine Entlassung ist dagegen nicht möglich, wie nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel rechtliche Prüfungen ergaben. Laut Focus will Bundesbankchef Axel Weber Sarrazin aber die Zuständigkeit für Bargeldumlauf und Risiko-Controlling und damit wesentliche Kompetenzen entziehen. Dem Vorstandsmitglied bliebe damit nur noch der Bereich Informationstechnologie.

Die Bundesbank wollte die Berichte am Wochenende auf Anfrage nicht kommentieren. Focus bezog sich auf eine Vorlage für eine Sitzung des Bundesbankvorstandes am kommenden Dienstag. Der Spiegel berichtete, verschiedene rechtliche Prüfungen innerhalb des Instituts hätten ergeben, dass die Bundesbank keine Möglichkeit habe, Sarrazin wegen dessen diskriminierender Äußerungen loszuwerden. Zwar könne das Führungsgremium beim Bundespräsidenten die Abberufung eines Vorstandsmitglieds beantragen, die Hürden für diesen Schritt seien aber hoch. So müsse das Vergehen so schwer sein, dass es bei einem Beamten "die Entfernung aus dem Dienst im Disziplinarverfahren" rechtfertige.

Sarrazin, der bereits als Berliner Finanzsenator mit provokanten Äußerungen - unter anderem über Beamte und Hartz-IV-Empfänger - polarisiert hatte, sorgte zuletzt mit Aussagen in der Zeitschrift Lettre International für Empörung. Vor allem zwei Sätze werden kritisiert: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate." Und: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert."

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kritisierte Sarrazin scharf. "Für einen Sozialdemokraten, der zumindest das Parteibuch noch bei sich hat, gehört es zum Grundkodex, dass man Menschen - egal wo sie hergekommen sind und die seit Jahren hier leben - nicht sozial diffamiert", sagte Wowereit auf dem SPD-Landesparteitag am Samstag.

Laut Umfrage stößt Sarrazin in der Bevölkerung auf Zustimmung. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag stimmten 51 Prozent der 501 Befragten seiner Aussage zu, ein Großteil der arabischen und türkischen Einwanderer sei "weder integrationswillig noch integrationsfähig". 39 Prozent lehnten diese Aussage ab.

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