Bundesgerichtshof zu Polizeikontrollen: „Zufällig“ entdeckte Drogen

Der Bundesgerichtshof muss entscheiden, ob legendierte Polizeikontrollen – also solche, deren tatsächliche Absicht verschwiegen wird – zulässig sind.

Polizist hält Kelle mit roter Lampe

Eine Verkehrskontrolle sollte im Regelfall auch nur eine Verkehrskontrolle sein Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Darf die Polizei Verdächtige bei zufällig erscheinenden Verkehrskontrollen filzen und nach Drogen durchsuchen? Und können solche Beweismittel dann vor Gericht verwertet werden? Darüber verhandelte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH), das oberste deutsche Strafgericht.

Im konkreten Fall ging es um einen marokkanischen Dealer. Die Drogenfahnder wussten, dass er in Holland Kokain abholen sollte. Sie wollten ihn deshalb nach seiner Rückkehr nach Deutschland festnehmen.

Allerdings sollte der Chef der Bande, der gerade in Marokko weilte, nicht mitbekommen, dass die Polizei bereits gegen die Gruppe ermittelte. Deshalb baten die Drogenfahnder die Autobahnpolizei um Hilfe. Als der Marokkaner an einer Baustelle 10 Stundenkilometer zu schnell fuhr, wurde er angehalten. „Zufällig“ war bei der Kon­trolle auch ein Drogenhund dabei, der bellte. Daraufhin wurde das Fahrzeug durchsucht. Die Polizei fand 9 Kilo Kokain.

Der Dealer wurde dafür vom Landgericht Limburg zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Immerhin konnte der Trick vor Gericht offengelegt werden, weil der Hintermann inzwischen nach Deutschland zurückgekommen und ebenfalls festgenommen worden war.

Verteidiger Manuel Mayer beantragte, das Limburger Urteil aufzuheben, da der Drogenfund nicht verwertbar sei. „Die Polizei hat mit der vermeintlichen Verkehrskontrolle absichtlich den Richtervorbehalt für die Durchsuchung des Autos umgangen“, argumentierte der Anwalt. „Das war keine zulässige List, sondern eine unzulässige Täuschung.“

Gerhard Altvater, der Vizegeneralbundesanwalt, hielt das Vorgehen der Polizei jedoch für legal. „Die Polizei hat neben der Strafverfolgung auch die Aufgabe der Gefahrenabwehr. Dazu gehört es, Drogen aus dem Verkehr zu ziehen.“ Nach dem hessischen Polizeigesetz habe das Auto zu diesem Zweck auch ohne richterlichen Beschluss durchsucht werden dürfen, so Altvater.

„Wenn das durchgeht, wird die Polizei den Richtervorbehalt der Strafprozessordnung in ­solchen Fällen immer igno­rieren“, ­protestierte Anwalt Mayer. Und er hakte nach: „Was ist, wenn ein Hintermann nicht vor Prozessbeginn verhaftet werden kann? Soll die Polizei dann auch das Gericht belügen dürfen?“

Der Bundesgerichtshof wird sein Grundsatzurteil in einer Woche verkünden. Die fünf Richter des Zweiten Strafsenats haben offensichtlich noch Diskussionsbedarf.

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