Bundeshilfe für Kommunen: Osten empört über Westpaket

Die Große Koalition will klammen Gemeinden mit fünf Milliarden Euro helfen. Thüringen beklagt, dass ein Großteil in die alten Länder geht.

Hannelore Kraft bekommt ein Wahlkampfgeschenk vom Bund. Bild: dpa

BERLIN taz | Neue Kitas, bessere Fahrradwege, schnelleres Internet – all das stellt die Bundesregierung den Bürgern in klammen Kommunen in Aussicht. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte das im Koalitionsvertrag vereinbarte kommunale Hilfspaket Anfang März überraschend um 3,5 Milliarden aufgestockt, nun sollen insgesamt 5 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren in finanzschwache Städte und Gemeinden fließen.

Anfang März hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) noch das Paket mit den Worten vorgestellt, Schwarz-Rot wolle ein Ausbluten der Kommunen verhindern. Doch statt Dankbarkeit, regt sich nun Protest. Denn das Geld fließt insbesondere in SPD-regierte Länder im Westen, der Osten profitiert hingegen unterdurchschnittlich.

Das von Linke, SPD und Grünen regierte Thüringen fasste den Unmut am Donnerstag in einem Brief an Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) in Worte. Erfurt begrüße es, dass die Bundesregierung finanzschwache Gemeinden bei der Bewältigung notwendiger Investitionen unterstützen wolle, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt. „Thüringen sieht sich allerdings – wie sicher auch andere neue Länder – bei der geplanten Verteilung der Gelder benachteiligt.“ Unterzeichnet ist der Brief vom Chef der Thüringer Staatskanzlei und Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Benjamin-Immanuel Hoff (Linke).

Die Thüringer stoßen sich insbesondere an den Kriterien für die Verteilung der 5 Milliarden Euro. Welche Kommune wie viel abbekommt, soll sich danach richten, wie viele Menschen dort leben, wie viele davon arbeitslos gemeldet sind und in welcher Höhe die Kommunen sogenannte Kassenkredite aufgenommen haben. Das sind Schulden, die eine Kommune kurzfristig bei Banken macht, um ihre Aufgaben zu finanzieren. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes betragen die Kassenkredite der Kommunen derzeit fast 50 Milliarden Euro; viele Kommunen leben also auf Pump. Den meisten Kommunen im Osten, aber auch in Bayern und Baden-Württemberg ist diese Art der Haushaltssanierung jedoch nach Landesgesetzgebung verboten.

Überproportionale Hilfe für NRW

Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz hingegen dürfen das. Insofern würden Kommunen in NRW überproportional von dem 5-Milliarden-Scheck profitieren: 31 Prozent und damit über 1,5 Milliarden Euro flössen in das von Hannelore Kraft (SPD) regierte Bundesland.

Thüringens Finanzminister findet es „höchst bedauerlich, dass die Verteilung nicht nach einem sachgerechteren Schlüssel erfolgt, etwa dem Königsteiner Schlüssel“. Nach der Königsteiner Formel, die jährlich neu berechnet wird, teilen die Bundesländer Kosten für gemeinsame Projekte untereinander auf. In die Berechnung fließen zu einem Drittel die Bevölkerungszahl eines Landes und zu zwei Dritteln die Steuereinnahmen ein.

Legte man den Königsteiner Schlüssel für 2015 zugrunde, würden Thüringens Kommunen 2,7 Prozent des 5-Milliarden-Pakets bekommen – nach Nordrhein-Westfalen würde hingegen eine halbe Milliarde Euro weniger fließen.

Hannelore Kraft stellt sich im Frühjahr 2017 zur Wiederwahl, ordentlich herausgeputzte Dörfer und Städte kämen ihr sicher zupass. In ostdeutschen Amtsstuben unkt man daher, das Kommunalpaket sei vor allem ein schönes Wahlgeschenk für die SPD-Ministerpräsidentin.

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