Bundesligist Hamburger SV: Die Aura des Herrn Fink

Wie verwandelt: So präsentiert sich der Hamburger SV vier Tage nach Dienstantritt des neuen Trainers. Wolfsburg entführt mit viel Glück dennoch einen Punkt.

Geht's mit ihm raus aus den Abstiegsrängen? HSV-Trainer Thorsten Fink. Bild: reuters

HAMBURG taz | Wenn Felix Magath nach Hamburg kommt, hat er meist gerade kürzlich beim Gäste-Club angeheuert und der HSV-Trainer hat auch frisch angefangen oder steht kurz vor dem Rauswurf oder beides. Erhebliche Teile der Hamburger Anhängerschaft pflegen sich dann zu fragen: Warum ist Magath eigentlich nicht unser Trainer? Magath wird wie kaum ein anderer mit jener Ära in Verbindung gebracht, die für HSV-Fans die "goldene" ist und die gefühlt so viel länger her ist als die knapp 30 Jahre, die seitdem vergangen sind.

Am Samstagabend dürfte kaum ein Hamburger solche Gedanken gehabt haben. Das lag einerseits am Spiel von Magaths VfL Wolfsburg. So blutleer und ideenlos war der Auftritt, so mechanisch rannten die Spieler auf und ab, als treibe sie nichts anderes an als die Angst vor dem Straflauf im nächsten Training. Einen Trainer, der eine Mannschaft voller offensiv begabter Stars auf derart biederen Disziplinfußball verpflichtet, den kann sich nicht herbeiwünschen, wer den Fußball auch nur ein wenig mag.

Mit der Führung im Rücken stellte Wolfsburg auf der Stelle das Fußballspielen ein. Das war 68 Sekunden nach dem Anpfiff, als eine Flanke von Patrick Ochs genau zwischen die Hamburger Innenverteidiger und auf den Kopf von Mario Mandzukic getropft war und der daraus machte, was er zurzeit immer macht: ein Tor.

Freitag, 21.10.2011:

Augsburg - Bremen 1:1

Samstag, 22:10.2011:

Dortmund - Köln 5:0

Nürnberg - Stuttgart 2:2

Kaiserslautern - Freiburg 1:0

Hoffenheim - M'Gladbach 1:0

Hertha - Mainz 0:0

Hamburg - Wolfsburg 1:1

Sonntag, 23.10.2011:

Leverkusen - Schalke 15.30 Uhr

Hannover - München 17.30 Uhr

Tabelle (Spiele, Tore, Punkte):

1. Bayern München 9 25:1 22

2. Dortmund 10 20:7 19

3. Stuttgart 10 16:8 17

4. Bremen 10 17:13 17

5. M'Gladbach 10 11:7 17

6. Hoffenheim 10 13:9 16

7. Schalke 9 18:15 15

8. Hannover 9 11:12 15

9. Leverkusen 9 12:13 14

10. Hertha BSC 10 12:13 13

11. Wolfsburg 10 12:17 13

12. Köln 10 15:23 13

13. Nürnberg 10 12:14 12

14. K'lautern 10 8:13 11

15. Mainz 10 12:19 9

16. Augsburg 10 8:17 8

17. Hamburg 10 12:22 8

18. Freiburg 10 14:25 7

Der andere Faktor, der die Magath-Nostalgie für diesmal in Grenzen hielt, heißt Thorsten Fink. Der neue HSV-Trainer ist schon äußerlich das Gegenteil des Trainertypus Magath. Während der 90 Minuten ungerührt und meist mit verschränkten Armen auf seiner Bank saß, hätte Fink eigentlich keine gebraucht: Er reizte die Grenzen seiner Coaching-Zone permanent aus, rief ins Spiel hinein, trieb sein Team an.

Küsschen für den Sportchef

Nach vier Tagen im Amt hat er es geschafft, dass der HSV beherzt nach vorn spielte, über 70 Minuten Vollgas gab. Die von Fink neu formierte Doppel-Sechs aus Gojko Kacar und Tomás Rincón hielt das Spiel zusammen. Über die Außen hebelte der HSV ein ums andere Mal den Wolfsburger Doppelriegel aus. Und aus dem filigranen Zusammenspiel von Mladen Petrić und Paolo Guerrero hätte viel mehr herausspringen müssen als nur Petrić' Ausgleichstreffer zum 1:1 nach 56 Minuten, hätte nicht der wieder einmal großartig aufgelegte Diego Benaglio im Wolfsburger Tor Schüsse am Fließband pariert.

Fink freute sich über einen Punkt zum Dienstantritt dennoch gänzlich unhanseatisch-überschwänglich: Dem verdutzten Sportchef Frank Arnesen drückte er ein Küsschen auf die Wange. "Ich habe mich gefreut", sagte er hinterher. "Sehr, sehr zufrieden" sei er mit der Leistung seiner neuen Mannschaft, die "hervorragend" gespielt und in beeindruckender Weise den frühen Rückstand weggesteckt habe.

Fink verwies auf die Spielstatistik: "Wie viel Ballbesitz war das? Wie viele Torschüsse?", fragte er mit fast triumphierender Stimme. Als man ihm einen Zettel mit den Zahlen zustecken wollte, schob er ihn beiseite. Das waren rhetorische Fragen. Jeder hatte doch gesehen, wie drückend überlegen seine Mannschaft gewesen war. Dennoch: "Ich muss aufpassen, was ich sage", relativierte er. "Wenn ich sage, ich bin zufrieden, heißt es, ich bin zufrieden mit dem letzten Platz."

Darauf hingewiesen, dass der HSV durch den Punkt auf den vorletzten Tabellenplatz geklettert war, meinte er: "Da hab ich mich ja schon verbessert", und fügte hinzu: "Das ist die Aura." Gegen die Hysterie, die in Hamburg um den "Heilsbringer" Fink schon vor seinem ersten Liga-Punkt ausgebrochen war, hilft manchmal nur Ironie.

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