Bundesregierung dämpft Energiekosten: Preisdeckel wirkt schon ab Januar

Die Bundesregierung will die Gas- und die Strompreisbremse zwar erst im März einführen. Aber beide sollen rückwirkend gelten.

Füsse in warmen grauen Socken lugen unter einer Bettdecke hervor

Endlich: Die Gaspreisbremse soll schon im Januar kommen Foto: Jochen Tack/imago

BERLIN taz | Privathaushalte, Pflege- und Bildungseinrichtungen sowie kleinere Betriebe können schon ab Januar mit einer Entlastung bei den Kosten für Gas und Fernwärme rechnen. Die Bundesregierung will die sogenannte Gaspreisbremse, die auch für Fernwärme gilt, im März rückwirkend zum 1. Januar einführen, heißt es in Regierungskreisen. Ursprünglich sollte der Preisdeckel für Wärme erst im März greifen. Für die Strompreisbremse ist der gleiche Mechanismus vorgesehen.

Im Zuge des Krieges gegen die Ukraine und ausbleibender russischer Gaslieferungen sind die Energiepreise drastisch gestiegen. Um die Kosten für Bür­ge­r:in­nen und Unternehmen zu dämpfen, hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Im Dezember wird der Staat eine Gas- oder Fernwärmeabschlagszahlung übernehmen, das ist bereits beschlossen. Von März 2023 bis April 2024 soll einem Gesetzentwurf zufolge die Gaspreisbremse gelten, mit der der Preis für Gas bei 12 Cent je Kilowattstunde und bei Fernwärme bei 9,5 Cent gedeckelt wird, allerdings nur für bis zu 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für die darüber liegenden Mengen muss der – meist höhere – Marktpreis gezahlt werden.

Um Haushalte, Einrichtungen und Firmen auch für Januar und Februar zu entlasten, sollen die Versorger nun im März rückwirkend die Preisdämpfung für diese beiden Monate anrechnen. Die Energiewirtschaft hatte sich gegen die Einführung der Gaspreisbremse zum 1. Januar mit dem Argument gewehrt, das sei technisch nicht machbar. Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen hatten sich aber bei ihrer letzten Konferenz für einen Start zu Jahresbeginn eingesetzt. Der derzeitige Vorsitzende der Konferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), begrüßte die Pläne der Bundesregierung. „Es wäre kaum zu vermitteln gewesen, wenn die Menschen und Betriebe nach einer spürbaren Entlastung im Dezember dann im Januar extrem hohe Gaspreise hätten bezahlen müssen, bevor im Februar oder März wieder mit Entlastungen hätte gerechnet werden können“, sagte er.

Die vorgesehene Preisbremse für Strom soll ebenfalls von März 2023 bis April 2024 gelten. Auch hier wird die Erstattung rückwirkend für Januar und März verrechnet. Ver­brau­che­r:in­nen müssen maximal 40 Cent pro Kilowattstunde zahlen, allerdings auch hier nur für bis zu 80 Prozent des vorherigen Verbrauchs. Beide Preisbremsen gelten überall da, wo ein Zähler vorhanden ist und ein Vertrag mit einem Versorger besteht, also auch für Zweitwohnsitze oder Datschen. Für Verbraucher:innen, die aufgrund hoher Energiekosten in die Bredouille geraten, sind Härtefallregelungen vorgesehen.

Dividenden trotz Preisbremse

Großabnehmer in der Industrie zahlen für Gas bis 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs einen Nettopreis von 7 Cent, für Strom 13 Cent bis zur gleichen Grenze. Das gilt nach Angaben aus ­Regierungskreisen für ­bundesweit 25.000 Unternehmen sowie 1.900 Krankenhäuser.

Betriebe, die von den Preisbremsen profitieren, können dem aktuellen Gesetzentwurf zufolge weiterhin Dividenden an Ak­tio­nä­r:in­nen und Boni an Ma­na­ge­r:in­nen ausschütten. Die Organisation Finanzwende fordert, das zu ändern. „Gibt es kein umfassendes Dividendenverbot bei Staatshilfen, verheizt der Staat ohne Not Milliarden unserer Steuergelder – und das in Zeiten knapper Kassen“, sagte Vorstand Gerhard Schick, der früher grüner Bundestagsabgeordneter war. Nehmen Unternehmen staatliche Rettungsmaßnahmen in Anspruch, sollen sie dem Gesetzentwurf zufolge keine Boni und Dividenden ausschütten dürfen.

Finanziert werden die Preisbremsen aus dem mit 200 Milliarden Euro gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesregierung. Für die Strompreisbremse will sie außerdem hohe krisenbedingte Profite von Energiekonzernen abschöpfen, die von der Bundesregierung sogenannten Zufallsgewinne. Kraftwerke sollen von September 2022 bis mindestens Juni 2023 Zufallsgewinne abführen. Das gilt für Wind-, Photovoltaik- und Wasserkraftanlagen, Abfallverbrennungsanlagen, AKW und Braunkohlekraftwerke. Sie erzeugen zu niedrigen Kosten Strom, den sie zu hohen Preisen verkaufen. Steinkohlekraftwerke müssen keine Übergewinne abführen. Aufgrund der gestiegenen Kohlepreise und der CO2-Emissionspreise seien die Produktionskosten gerade bei älteren Anlagen hoch und nahe an denen von Gaskraftwerken, hieß es. Die Regierung fürchtet, dass Betreiber sie abschalten würden und stattdessen mehr Gaskraftwerke laufen müssten. Zur Ermittlung der Übergewinne können Betreiber zwischen zwei Abrechnungsarten entscheiden: Entweder legen sie ihre Verträge offen oder ihre Gewinne werden anhand von Durchschnittspreisen am Spot- und Terminmarkt berechnet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.