Bundesregierung zum Fall Deniz Yücel: Scharfe Worte, weiße T-Shirts

Merkel und Mitglieder des Bundestags mahnen die Türkei vor dem EU-Gipfel abermals zur Freilassung Deniz Yücels. Die Grünen schreiben sich #FreeDeniz auf die Brust.

Drei Grüne Bundestagsabgeordnete in weißen T-Shirts mit der Aufschrift #FreeDeniz stehen zwischen den Sitzenden im Bundestag

Aufstehen für #FreeDeniz – Grüne Bundestagsabgeordnete widersetzten sich am Donnerstag aus Solidarität der Hausordnung Foto: ap

BERLIN epd/dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Einsatz der Bundesregierung für die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel bekräftigt. Sie verwies in einer Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag in Berlin darauf, dass es aktuell „tiefgreifende Differenzen zwischen der Europäischen Union und der Türkei, zwischen Deutschland und der Türkei“ gebe. Es seien „ganz grundsätzliche Fragen von Demokratie und Recht“ berührt. Mit Blick auf Yücel betonte die Kanzlerin, die Bundesregierung setze sich mit aller Kraft für seine Freilassung ein. Das lege sie in allen Gesprächen auf den Tisch.

Ein türkischer Richter hatte die Untersuchungshaft des Welt-Korrespondenten Ende Februar in Istanbul angeordnet. Zuvor war Yücel bereits fast zwei Wochen in Polizeigewahrsam. Der Haftrichter hatte Zeitungsberichte Yücels als Belege für den Vorwurf der Terrorpropaganda und Aufwiegelung angeführt. Es handelte sich laut Welt um Texte zum versuchten Militärputsch vom 15. Juli 2016 und zur Politik der türkischen Regierung gegenüber den Kurden in Syrien und dem Irak sowie der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK). Yücel besitzt die türkische und deutsche Staatsbürgerschaft. Er hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei gestellt.

Merkel wies in ihrer Regierungserklärung darauf hin, es liege nicht im Interesse der Bundesrepublik, dass sich die Türkei weiter von Deutschland entferne. Deutschland habe komplizierte, aber vielfältige Verbindungen mit der Türkei. Wahlkampfauftritte von türkischen Politikern seien weiter möglich, sofern sie genehmigt werden könnten, sagte Merkel.

Die Nazi-Vergleiche von türkischen Politikern seien traurig, hob Merkel hervor. „Zu rechtfertigen ist das überhaupt gar nicht.“ Solche Vergleiche führten grundsätzlich ins Elend, weil sie Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosten. „Diese Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus müssen aufhören“, forderte Merkel. Sie seien der engen Beziehungen nicht würdig. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte kürzlich den deutschen Behörden „Nazi-Methoden“ vorgeworfen, nachdem mehrere Kommunen Auftritte türkischer Minister abgesagt hatten.

Grüne setzten Zeichen im Bundestag

Vor der Regierungserklärung kritisierte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Türkei deutlich. Sie entwickle sich zunehmend zu einem autokratischen Staat, der sich immer weiter von Europa entferne. In diesen turbulenten Zeiten könne sich jeder ein eigenes Bild machen, wo Meinungsfreiheit praktiziert werde, sagte Lammert. Wer Deutschland öffentlich verdächtige, Nazi-Methoden anzuwenden, disqualifiziere sich selbst.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bezeichnete die Situation in der Türkei als „bestürzend“: „Jeder, der eine andere Meinung hat, muss Angst haben, verhaftet zu werden.“ Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken, fordert die sofortige Freilassung Yücels.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir erklärte, die beste Antwort auf die Nazi-Vergleiche gäben die deutschen Lehrer im Geschichtsunterricht, die den Kindern das Narrativ „Nie wieder Auschwitz“ beibrächten. „Wenn türkische Politiker hier auftreten, dann erwarte ich eine positive Geste, beispielsweise dass Deniz Yücel freigelassen gehört“, forderte Özdemir.

Abgeordnete der Grünen haben indes im Plenum des Bundestags für die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel demonstriert. Drei Parlamentarier um den Berliner Abgeordneten Özcan Mutlu standen nach Merkels Regierungserklärung am Donnerstag von ihren Plätzen auf – und trugen weiße T-Shirts mit der Forderung „#Free Deniz“. Lammert forderte sie auf, gemäß der Hausordnung mit den T-Shirts den Saal zu verlassen.

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