Bundestag debattiert über Heizungsgesetz: Hitzige Debatte übers Heizen

In der aktuellen Stunde ging es trotz des fehlenden Heizungsgesetzes heiß her. Die Opposition griff die Ampel-Koalition nach der FDP-Blockade scharf an.

Jens Spahn spricht im Bundestag

Jens Spahn von der CDU spricht bei der Sitzung des Bundestags zu den Heizungsplänen der Bundesregierung Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Mit weit aufgerissenen Augen steht CDU-Politiker Jens Spahn am Mikrofon des Bundestages und liest Tweets von Politikern aus der Ampelkoalition vor: „Von den 170 Seiten des Heizungsgesetzes gehören 120 in die Tonne“, zitiert er den FDP-Bundesvorstand Michael Kruse. „Die FDP ist eine unzuverlässige und destruktive Clique. Lindner ist ein König ohne Land“, zitiert er den Grünen-Abgeordneten Marcel Emmerich. Dann irgendwann holt Spahn selbst zum Rundumschlag aus: „Wir erleben in allen politischen Fragen, dass Sie sich nicht einigen können, das ist mittlerweile eine Standortgefahr für Deutschland“, sagt Spahn.

Die Ampelkoalition ist durch die selbstgemachte Blockade des „Gebäudeenergiegesetzes“ in ihre bisher wohl schwerste Krise geraten. Den umgangssprachlich „Heizungsgesetz“ genannten Entwurf wollte die Regierung eigentlich diese Woche und noch vor der Sommerpause in den Bundestag einbringen – die FDP stellte sich allerdings quer. Die kolportierten 101 offenen Fragen, die die Liberalen ursprünglich noch zum Gesetzesentwurf gehabt hätten, gab es zwar gar nicht, die Blockade hingegen schon.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte das einen „Wortbruch“ gegenüber den Vereinbarungen im Koalitionsausschuss, Grünen-Fraktionschefin Haßelmann sprach von „Arbeitsverweigerung“ der FDP. Auch die SPD-Fraktionsspitze sprach von einer ernsten Belastung der Koalition. Und als wäre das nicht genug, blockiert die FDP derzeit auch noch ein Wärmeplanungsgesetz aus dem Hause von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) – und im Gegenzug wollen die Grünen nun die Planungsbeschleunigung für die von der FDP so geliebten Autobahnen blockieren.

Kein Wunder also, dass die Union im Bundestag eine aktuelle Stunde ansetzte unter dem Titel: „Heizungspläne der Bundesregierung stoppen – Wärmewende technologieoffen und sozial verträglich neu starten“. Dass es die CDU unter Merkel war, welche die Energiewende über Jahre verschlief: geschenkt. Dass sich die arbeitgebernahe Union ansonsten nicht für Menschen mit niedrigerem Einkommen interessiert: egal. Und einen inhaltlichen Vorschlag zum Heizungsgesetz machte Spahn auch gar nicht erst.

Ampelstreit macht es der CDU leicht

Dennoch macht es der Ampelstreit ihm geradezu leicht, zur Fundamentalkritik auszuholen: Am Ende forderte er nach Tiraden über Rekordinflation, Abstiegsangst, „Migrationskrise“ und „kollektiv schlechte Stimmung“ nicht nur, das Heizungsgesetz einzustampfen, sondern gleich die ganze Regierung: „Statt 101 Fragen bleiben nur 2 übrig: Hat diese Regierung noch die Kraft und den Willen, der nötig ist, um Deutschland durch diese Zeit mit multiplen Krisen zu führen und hat die Regierung noch das Vertrauen der Mehrheit dieses Parlamentes?“

Die Antworten der Ampelfraktionen fielen in der medial befeuerten und nur noch wenig an Fakten orientierten Debatte erwartungsgemäß aus. Matthias Miersch (SPD) sprach von einer „üblen populistischen Kampagne“ der CDU, die den Menschen etwas vormache und mit den Ängsten der Bevölkerung spiele. Miersch beklagte, dass die Union inhaltlich sonst nichts beizutragen habe: „Gehen Sie nicht dem Populismus nach, sonst machen Sie eine Truppe stark und die sitzt dort!“, rief Miersch und zeigte in Richtung AfD.

Der Grüne Andreas Audretsch konnte sich danach Seitenhiebe auf die FDP nicht verkneifen: „Eine Vereinbarung in der Politik, aber auch eine Vereinbarung zwischen Menschen sollte etwas wert sein“, sagte er andächtig und forderte die FDP auf, die Blockade aufzugeben. Man müsse nun als selbstbewusste Parlamentarier über das Gesetz, Fristen und Technologieoffenheit beraten. Auch die CDU könne inhaltlich beitragen, sagte Audretsch, der er „billige Polemik“ und „Konzeptlosigkeit“ vorwarf: „Sie sind Gefangene eines alten fossilen Denkens!“

Absurd wurde es, als der FDP-Abgeordnete Lukas Köhler sagte, dass der Bundestag der richtige Ort sei, um diese Debatte über das Heizungsgesetz zu führen. Schließlich hatte gerade seine Partei tags zuvor verhindert, dass der Entwurf aus dem Hause Habeck nun tatsächlich im parlamentarischen Verfahren inhaltlich debattiert und bearbeitet werden kann. Köhler sagte dann noch, dass er die Inhaltslosigkeit der CDU für ein „Trauerspiel“ halte, brachte es seinerseits aber auch nicht fertig, etwas Gehaltvolles beizutragen. Der bizarre Gesamtauftritt der FDP in den letzten Tagen kulminierte schließlich in Köhlers Satz: „Wichtiger, als ein schnelles Gesetz zu machen, ist es doch, ein gutes zu machen.“

Grotesk wurde die Debatte um die Wärmewende aber am Dienstag außerhalb des Bundestags geführt: In Thüringen unterstellte der dortige Unionschef Mario Voigt Habeck am Dienstag gar, eine „Energie-Stasi“ einsetzen zu wollen – natürlich in der Bild. Der Kommunikationsberater Johannes Hillje kritisierte in diesem Zusammenhang: „Das aktuelle Hoch der AfD ist gewiss multikausal, aber den zuverlässigsten Anschub bekommt sie, wenn andere ihre populistische Sprache kopieren und damit legitimieren.“

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