Bundestagswahl: Elefantenrunde ohne Elefanten

Vor Wirtschaftsvertretern treffen die sechs wichtigsten Berliner Spitzenkandidaten erstmals aufeinander.

Da wollen alle (wieder) hin – nicht immer ohne Hindernisse Foto: dpa

Eva Högl zuckt zusammen, als der Begriff „Elefantenrunde“ fällt. Dieser Begriff aus Zeiten, da die Spitzenkandidaten wortwörtlich gewichtig waren, die Kohls und Straußens, er passt so wenig zu der SPD-Politikerin und den fünf anderen eher schlanken Gestalten vorne im Raum. Rund 300 Unternehmer und sonstige Wirtschaftsvertreter wollen an diesem Mittwochmorgen bei der Industrie- und Handelskammer von Högl und ihren Kollegen von CDU, Grünen, Linkspartei, FDP und AfDhören, warum man – der Frauenanteil ist bescheiden – sie wählen sollte. Probeweise können das die 300 per Handy schon im Saal – nicht zum Vorteil von Högl, aber davon später.

Es ist die erste Woche nach den Ferien, die sechs werden nun bis zur Bundestagswahl am 24. September mehrfach zusammen sitzen in dieser Spitzenkandidatenrunde, zu der auch der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller eingeladen hat: Neben Högl Lisa Paus für die Grünen, Petra Pau für die Linke, Christoph Meyer für die FDP und Beatrix von Storch für die AfD. Nur für CDU-Mann Kai Wegner bleibt es voraussichtlich bei diesem Einsatz – er vertritt Parteichefin Monika Grütters.

Kandidaten vs Moderatoren

Damit fehlt leider die Frau, die gerade an diesem Morgen via Zeitungsinterview für die erste große Nachricht des Tages gesorgt hat. Grütters, auch CDU-Landesvorsitzende, bleibt nämlich dabei, den Flughafen Tegel offen halten zu wollen – obwohl jüngst gleich vier Parteigrößen diese Strategie in Frage stellten, darunter auch Wegner.

Ohne weitere Klärung von Grütters bleibt es bei dem Zustand, den einer der beiden Moderatoren so beschreibt, dass es leichter sei, einen Pudding an die Wand zu nageln als die CDU auf eine eindeutige Position zu Tegel festzulegen. Wobei diese beiden einiges dazu beitragen, dass die zweistündige Veranstaltung zeitweise vom Parteienstreit zum Disput „Kandidaten versus Moderatoren“ wird. Zu gewollt, überzogen und teilweise schlecht recherchiert sind deren Beiträge. Fragen an die Linke Pau etwa gleich zweimal damit auszuschmücken, ihre Partei habe ja Erfahrung mit dem Zusammenbruch eines Systems, wirkt wie von vorgestern.

Högl, Wegner und Meyer – glattrasiert und mit Krawatte kaum vom FDP-„Tegelretter“-Plakat wieder zu erkennen – sie machen, was am Sonntagabend beim TV-Duell Merkel-Schulz ausblieb: Sie wehren sich, kritisieren Wortwahl und populistische Verknappungen.

Untereinander ist der Umgang gemäßigter, auch von Storch beschränkt sich weitgehend darauf, die anderen Parteien in einen Topf zu werfen und die AfD als einzige Alternative darzustellen. Högl verteidigt anders als mancher in der SPD die Hartz-Gesetze und spricht von „den guten Reformen von Gerhard Schröder“.

Grüne beneidet CDUler

Von der Grünen Paus ist zu hören, dass sie als überzeugte Europäerin den CDU-Kandidaten Thomas Heilmann um einen Plakatspruch beneidet: Der wirbt in Steglitz-Zehlendorf für sich mit „Deutschland schreibt man mit EU“. Je 60 Sekunden haben die sechs für jede Antwort – eine Gratwanderung zwischen dem Wunsch, minutenlange Monologe zu verhindern und doch Substanz zu bieten. Högl ist es, die am meisten mit dem Publikum connected, wie es neudeutsch heißt, die Unternehmer vor sich drängt, Frauen besser zu bezahlen, Arbeitsverträge nicht zu befristen und die auf einen kritischen Zwischenruf lächelnd zurückkoffert.

Zu Koalitionen gibt es auch an diesem Morgen keine Festlegungen – außer dass niemand mit der AfD will. Man will sich alles offen halten, Högl gar nicht über Koalitionen reden, und R2G ist gar kein Thema. Rot-Rot-Grün hat allerdings im Saal sowieso noch weniger Chancen als derzeit bundesweit. Nur 34 Prozent stimmen hier für SPD, Linke und Grüne, die CDU allein kommt fast auf den gleichen Wert, die FDP auf knapp 26 Prozent. Tegel soll zudem offen bleiben – mit 58 Prozent, deutlich mehr als bei der jüngsten stadtweiten Umfrage. Man geht danach schnell auseinander – man sieht sich ja bald wieder.

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