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BundestagswahlrechtReform der Wahlrechtsreform

Die Linke kritisiert, dass die Koalition in der neuen Wahlrechtskommission unter sich bleibt. Die Grünen sehen keine Notwendigkeit für ein neues Gesetz.

Im Umbau: Mit einer Wahlrechtsreform soll den Bundestag verkleinert werden Foto: Stefan Boness/imago

Berlin taz | An diesem Mittwoch nimmt die von Union und SPD vereinbarte Kommission für eine erneute Reformierung des Bundestagswahlrechts ihre Arbeit auf. Dass die schwarz-rote Koalition dabei lieber unter sich bleibt, stößt auf Unmut der Opposition.

„Wenn die Wahlrechtsreform gelingen soll, darf sie nicht im Hinterzimmer verhandelt werden“, kritisiert die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger. „Das heißt, dass auch wir als Opposition mit am Tisch sitzen müssen“, sagte sie der taz. Die Menschen erwarteten „zu Recht, dass hier nicht parteipolitische Taktik, sondern Verantwortung zählt“.

Der zehnköpfigen Kommission gehören jeweils vier Mitglieder von CDU und SPD sowie zwei der CSU an. Bekannteste Mitglieder sind Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), dessen Vorgängerin Nancy Faeser sowie Justizministerin Stefanie Hubig (beide SPD). Die Opposition bleibt außen vor. Es gehe erst einmal darum, dass sich die Koalition zügig einig werde, begründen das Union und SPD.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und SPD auf die Einsetzung einer Kommission verständigt, die noch in diesem Jahr „Vorschläge unterbreiten soll, wie jeder Bewerber mit Erststimmenmehrheit in den Bundestag einziehen kann und der Bundestag unter Beachtung des Zweitstimmenergebnisses grundsätzlich bei der aktuellen Größe verbleiben kann“. Zudem soll die Kommission prüfen, „wie die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen im Parlament gewährleistet werden kann und ob Menschen ab 16 Jahren an der Wahl teilnehmen sollten“.

Nicht mehr automatisch in den Bundestag

Der Hauptauftrag an die neue Kommission ist also die Revision der letzten Wahlrechtsreform der Ampelkoalition von 2023 – was ein Herzensanliegen der Union ist. Der Grund: Mit ihrer damaligen Bundestagsmehrheit hatten SPD, Grüne und FDP durchgesetzt, dass der Bundestag von seinerzeit 736 Abgeordnete auf eine festgelegte Größe von 630 Abgeordneten verkleinert wurde. Erreicht wird das durch einen Wegfall der Überhang- und Ausgleichsmandate – wogegen die CDU/CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung vergeblich vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt hatten.

Parteien erhalten also nur noch so viele Sitze, wie ihnen nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Das bedeutet, dass Direktkandidat:innen, die in ihrem Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen erhalten, nicht mehr automatisch ins Parlament einziehen. Dieses Schicksal ereilte bei der vergangenen Wahl insgesamt 23 Kandidierende: 15 der CDU, drei der CSU, vier der AfD und eine der SPD.

Das Bundestagswahlrecht ist seit vielen Jahren ein Zankapfel zwischen den Parteien. Das Problem ist ein Zielkonflikt: Wenn je­de:r Erst­stim­men­sie­ge­r:in einen Platz im Parlament garantiert bekommen soll, lässt sich das nur schwer mit einem kleineren Parlament und einer festen Abgeordnetenzahl vereinbaren, wenn gleichzeitig das Zweitstimmenergebnis eins zu eins abgebildet werden soll.

„Wir haben ein gutes Wahlrecht in der letzten Legislaturperiode beschlossen“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge am Mittwoch in Berlin. Deswegen sehe sie keine Notwendigkeit, es zu ändern. Es sei vielmehr wichtig, „dass nicht über unausgeglichene Überhangmandate beispielsweise ein Wahlergebnis im Nachtrag verzerrt wird, wie wir es in der Vergangenheit oft erlebt haben zugunsten der CSU“.

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