Bundeswehr-Helfer fürchten Rache: Mehr als nur normal gefährdet

Die Hürden für eine Ausreise nach Deutschland sind für die afghanischen Mitarbeiter hoch. Die Opposition fordert nun, allen eine Aufnahme anzubieten.

Die Bundeswehr ist auf die Hilfe ihrer afghanischen Mitarbeiter angewiesen. Bild: ap

BERLIN taz | Wie verzweifelt die afghanischen Mitarbeiter der Bundeswehr sind, zeigt eine kürzlich angekündigte Protestaktion. Laut Spiegel Online hatte am Wochenende eine Gruppe von Dolmetschern mit der Blockade des Feldlagers in Kundus und mit Hungerstreik gedroht, wenn Deutschland ihnen kein Asyl in Aussicht stellt.

Denn die Bedingungen für die Bewilligung von Asyl sind hart. Die Ortskräfte müssen belegen, dass sich ihre Gefährdung von dem, was in Afghanistan normal ist, abhebt: dass es sich bei Drohungen also nicht etwa um „allgemeine Kriminalität“ handelt.

Das überprüfen die Behörden anhand von 14 bislang geheim gehaltenen Kriterien. 63 Ortskräfte haben bisher Sicherheitsbedenken gemeldet, 2 Mitarbeitern wurde eine Aufnahme nach Deutschland zugesagt.

Die Opposition setzt sich jetzt für ein breit angelegtes Aufnahmeprogramm ein. Am Freitag brachten die Grünen einen Antrag im Bundestag ein, in dem sie fordern, allen afghanischen Mitarbeitern der Bundeswehr und ihren engen Familienangehörigen eine Aufnahme in Deutschland anzubieten.

Ortskräfte müssen Bedrohung belegen

Auch Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Linken, stellte sich in einer Rede hinter die Grünen. „Wie der Nachweis einer konkreten Bedrohung gelingen soll, die über die allgemeine Gefährdungslage hinausgeht, ist fraglich“, heißt es in der Begründung zum Antrag.

Zudem blockiere das Verfahren jede andere Möglichkeit, den Ortskräften Asyl zu gewähren. Nach Paragraf 22 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes kann einem noch im Ausland Lebenden aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Doch eine derartige Antragstellung habe die Deutsche Botschaft in Kabul nicht zugelassen.

Die US-Regierung hingegen hilft mit einem bereits 2009 aufgelegten Visumprogramm afghanischen Staatsangehörigen, die für sie in Afghanistan gearbeitet haben.

Auch die kanadische Regierung hat ein Aufnahmeprogramm für Hunderte von Afghanen aufgelegt. Und Großbritannien hat kürzlich der Aufnahme von rund 600 Dolmetschern zugestimmt. „Es spricht sich schnell herum, wie kleinlich Deutschland vorgeht – nicht nur in Afghanistan“, sagt Nouripour.

SPD kritisiert Geheimniskrämerei

Die SPD teile die Intention der Grünen, so Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD. Durch die Einzelfallprüfungen entstünden bürokratische Hürden, die verhindern, dass der politische Wille umgesetzt werde. Und der sei: „Großzügigkeit“, sagt Arnold.

Die Einzelfallprüfungen hält Arnold zwar nicht grundsätzlich für schlecht. Die Gefahren für einen Dolmetscher seien viel größer als für einen Bauarbeiter, der nur ein paar Wochen in einem Bundeswehrcamp gearbeitet habe. „Aber das Verfahren muss transparent gemacht werden.“ Zunächst will Arnold Einsicht in den Kriterienkatalog fordern. Dann werde man in der SPD die Einzelfallprüfungen erneut thematisieren.

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