Bundesweites Programm vor dem Aus: Wanka gibt Ganztagsschulen auf

Das letzte bundesweite Schulentwicklungsprojekt wird Ländersache. 2015 will das Bildungsministerium letztmalig 1,9 Millionen Euro beisteuern.

Abgesang auf das bundesweite Begleitprogramm – die Bundesregierung will nicht mehr bezahlen Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundesregierung wird ab 2016 kein Geld mehr für Ganztagsschulen ausgeben. Das beschloss der Haushaltsausschuss in seiner Bereinigungssitzung am Freitag. Die Zustimmung der Parlamentarier in der nächsten Woche gilt als sicher. „Das ist ein trauriges Ergebnis für alle, die etwas anderes wollten“, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst-Dieter Rossmann, der taz. Gemeint sind auch die Grünen im Bund, die ihren Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg nicht von einem erneuten Bundesprogramm überzeugen konnten.

Mit dem Ganztagsschulprogramm förderte die rot-grüne Bundesregierung und später die Große Koalition von 2003 bis 2009 Baumaßnahmen an Schulen, die auch am Nachmittag Angebote für Schüler machen. Ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit, denn davon sollten vor allem Schüler aus benachteiligten Familien profitieren.

Nach Ende des Bauprogramms flossen jährlich weitere 4,3 Millionen Euro in ein Begleitprogramm, welches von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) koordinierte wird. Sie organisiert jährliche Kongresse und unterhält in allen Bundesländern sogenannte Serviceagenturen. Die bundesweit 80 Mitarbeiter beraten Schulen und organisieren Fortbildungen.

Für das Begleitprogramm gibt das Bundesbildungsministerium im nächsten Jahr letztmalig 1,9 Millionen Euro aus. Dann sollen sich die Länder um die Weiterentwicklung der Ganztagsschulen kümmern.

NRW will weitermachen

Ob sie das tun, ist noch offen. Heike Kahl, die Vorsitzende der DKJS, sagte der taz, man werde sich in den nächsten Tagen mit den Ländern zusammensetzen.

Als eines der ersten Länder erklärte NRW sich bereit die Serviceagentur bis 2018 weiterzufinanzieren. Eine Sprecherin von Bildungsministerin Sylvia Löhrmann sagte auf taz-Anfrage, Schwerpunkte der Arbeit sollten die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe sowie mit Jugendverbänden, die Beteiligung von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern und die Entwicklung von Lernzeiten sein.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, moniert, dass die Länder keine einheitliche Linie hätten. So hätten Ganztagsschulen in Nordrhein-Westfalen Priorität, in Bayern nicht. In diesem Sinne wäre die Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbots im Bildungsbereich der richtige Schritt gewesen. Qua Grundgesetz sind nur die Länder berechtigt, dauerhaft in Schulen und Hochschulen zu investieren.

Die Bildungsexpertin der Linken, Rosemarie Hein, gibt zu bedenken: „Nur weil eine Schule länger auf hat, ist sie noch keine gute Schule. Es fehlen vor allem Sozialarbeiter und Lehrer.“

Achtungserfolg für die SPD

Die SPD hatte noch im Wahlkampf einen Masterplan für gute Ganztagsschulen angekündigt. Doch dafür gibt es auch weiterhin keine gesetzliche Grundlage. Nur im Bereich der Hochschulen hat der Bundestag mit den Stimmen der SPD mehr Kooperation zugestimmt.

Für den Bereich der Schulen konnte sich die Partei lediglich damit durchsetzen, dass das Begleitprogramm für ein weiteres Jahr finanziert wird. Gegen den Willen von Bundesbildungsministerin Wanka, so hieß es aus Verhandlungskreisen, die sich lieber heute als morgen zurückgezogen hätte. Nach Auskunft ihres Ministerium werde man die Forschung dazu, wie sich Ganztagsschulen entwickeln, fortsetzen.

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