Burschenschaft in Hamburg: Ausgeprägter Hang zum Völkischen

Immer wieder ist die Hamburger Burschenschaft Germania rechtsextrem auffällig geworden. Ein internes Papier belegt, dass das so bleiben soll.

Wie deutsch bist du? Manche Burchenschaften lassen nicht jeden rein. Bild: dpa

HAMBURG taz | Seit Monaten streiten die deutschen Burschenschaften um ihre politische Ausrichtung. Den traditionsreichen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) haben inzwischen auch im Norden mehrere der einst 120 Mitgliedsverbände verlassen – wegen Rechtslastigkeit.

In diesem Sinne immer wieder auffällig geworden ist die „Hamburger Burschenschaft Germania“. Ein internes Strategiepapier, das der taz vorliegt, offenbart nun: Geht es nach den Hamburgern, soll rechts auch in Zukunft rechts bleiben.

Burschenschaften sind diejenigen unter den Studentenverbindungen, die sich zu den Prinzipien der „Urburschenschaften“ von 1815 bekennen. Sie stellen nur eine Minderheit unter den rund 2.000 Verbindungen im Land. In dem Schreiben auf dem das Wappen der „Germania“ prangt, wird überlegt, ob eine Auflösung der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) die anhaltenden Auseinandersetzungen entschärfen könnte.

Im Norden haben sich bereits mehrere Verbindungen von der „Deutschen Burschenschaft“ (DB) getrennt: die Kieler „Burschenschaft Krusenrotter“, die Göttinger „Hannovera“, die Hannoversche „Arminia“ und die Braunschweiger „Germania“.

Die Kritik der Kieler: Der DB sei es „in zunehmendem Maße nicht gelungen, sich nachhaltig gegen nationalistisch-revisionistische und gegen rassistische Tendenzen in ihren Reihen zur Wehr zu setzen“.

Der Hamburger Verfassungsschutz merkt in seinem aktuellen Jahresbericht an, bei der BG bestehe begründeter Verdacht, "dass dort zum Teil rechtsextremistische Positionen offensiv vertreten oder zumindest zustimmend zur Kenntnis genommen werden". AS

Innerhalb des Dachverbandes sei die BG „eine Art Rechtskartell“, sagt die Gießener Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth, Autorin des Buches „Blut und Paukenboden“. Mit dieser Einschätzung deckt sich, was nun in dem internen Schreiben steht: Für die „verbleibenden liberaleren Bünde“ stelle die BG „ein Feindbild“ dar.

Einschlägige Positionen

Von den insgesamt 38 BG-Mitgliedsorganisationen sind nach eigenen Angaben 35 auch Mitglieder in der DB – und versuchen Kuth zufolge seit Jahrzehnten, einschlägige Rechtsaußen-Positionen in die Debatte zu tragen. Aus ihren Reihen kam auch jener folgenschwere Antrag, der seit mehr als zwei Jahren den Dachverband beschäftigt: Die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ wollte festschreiben lassen, wie deutsch zu sein habe, wer Mitglied in einer der DB-Organisationen werden will.

In dem Schreiben der „Germania“, die im laufenden Geschäftsjahr 2012 / 2013 den Vorsitz der BG innehat, bekennt man sich zu allerlei Eindeutigem: Auf vier Seiten führt der amtierende BG-Sprecher aus, dass burschenschaftliche Positionen gehalten werden müssten – schon wegen der „political correctness“, der Fremdbestimmung durch die Europäische Union sowie der „massiven Überfremdung“. Aufgabe sei es, die „Gunst der veröffentlichten Meinung zu gewinnen“. Keinesfalls dürfe man dem „antinationalen und widernatürlichen Zeitgeist“ entgegen kommen.

Immer wieder wirkt es, als richteten sich solche Zeilen gezielt an Zauderer in den Reihen des Dachverbands. Innerhalb dessen, heißt es, „war die Burschenschaftliche Gemeinschaft immer Garant dafür, dass burschenschaftliche Ideale und Werte nicht auf dem Altar der Politischen Korrektheit und zu Gunsten einer Anbiederung an deutschenfeindliche Multikultifanatiker in den Medieninstitutionen geopfert werden“.

Deutlich wird aber auch, für welche Ideale man stattdessen einstehen will: einen „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ nämlich.

„Klar rassistisch“

„Dieser Begriff ist ganz klar rassistisch ausgelegt“, sagt Christian Becker, Mitbegründer der Initiative „Burschenschafter gegen Neonazis“. Auf dieser Grundlage, sagt der Hamburger, sei ein „Ariernachweis“ gefordert worden. Mit der drastischen Interpretation ist Becker, der einst wegen seiner Kritik von den „Raczeks“ ausgeschlossen wurde, nicht alleine.

So sagte der emeritierte Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharten, zuletzt an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität tätig, gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk: „Diese Leute meinen offenbar, dass es sich wieder um einen Ariernachweis handeln soll, dass man eben eine ganz sicher Position hat, um eben alle Verunreinigungen des deutschen Volkstums zu verhindern.“

Keine der nun bekannt gewordenen Aussagen kann Experten überraschen. In der Hamburger „Germania“ waren in der Vergangenheit nachweislich NPD-Anhänger und andere Rechtsextreme organisiert. Auch lud man im vergangenen Jahr Jürgen Schwab als Referenten über das Thema „Die Manipulation des Völkerrechts“ ein. Schwab war NPD-Mitglied, verließ die Partei aber – als sie ihm zu parlamentarisch wurde.

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