Burschenschaften: Schlagender Staatssekretär

Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) gerät wegen seiner Mitgliedschaft in einer rechten Burschenschaft stark in die Kritik. Die Opposition fordert ein Ende dieses "gruseligen" Engagements.

Auch ein CDU-Mann, der sich unter Burschis wohlfühlt: Altbundeskanzler Helmut Kohl lächelt beim deutschen Burschenschaftstag 1999. Bild: dpa

Die Ansage war unmissverständlich: Burschenschaften seien in Berlin „unerwünscht“, sagte Bildungsstaatssekretär Knut Nevermann (SPD) vor zwei Wochen im Wissenschaftsausschuss. Er bezog sich auf den jüngsten Auftritt uniformierter Burschenschaftler auf einer Abschlussfeier der Freien Universität. Da wusste Nevermann offenbar noch nicht, dass auch einer seiner Kollegen Mitglied einer fraglichen Studentenverbindung ist: Michael Büge, Staatssekretär von Sozialsenator Mario Czaja (beide CDU).

Auf Fotos im Internet sieht man Büge, der auch Kreisvorsitzender der Neuköllner CDU ist, in voller „Couleur“: mit orangefarbener Mütze und gestreiftem „Burschenband“ über dem Hemd. Seit 1989 ist Büge nach eigenen Angaben Mitglied der Burschenschaft Gothia mit Sitz in Steglitz-Zehlendorf, heute als „Alter Herr“. Erst am letzten Mittwoch hielt Büge dort einen Vortrag zur „demografischen Entwicklung“.

Ein harmloses Thema. Nur: Der Gothia wird auch eine Offenheit nach weit rechts außen nachgesagt. Die Verbindung pflegt noch Mensur-Fechtkämpfe und wird auf einer Mitgliederliste der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ geführt. Der Dachverband, sagt FU-Historiker Wolfgang Wippermann, sei „weitgehend rechtsradikal“. Die Gemeinschaft vertrete ein nationalistisches, völkisches Weltbild. Ihre Mitglieder müssen „Deutschstämmigkeit“ nachweisen. Auch die Gothia selbst, so Wippermann, sei politisch „unangenehm aufgefallen“.

Vor Jahren referierte dort der heute inhaftierte Rechtsextremist Horst Mahler. Auch aktuell wirbt die Gruppe mit dem Slogan „politisch unkorrekt seit 1877“. In ihren Stellungnahmen ätzt sie gegen „Multikulti-Eliten“. Als nächster Referent ihres „Burschenschaftlichen Abends“ ist ein Redakteur der rechten Jungen Freiheit geladen.

Dass auch Büge bei der Gothia mitmischt, wird von der Opposition kritisiert. „Gruselig“, nennt die Grüne Clara Herrmann dessen dortiges Engagement. In seiner Position als Staatssekretär solle sich Büge nicht in Kreisen aufhalten, bei denen Zweifel an der Verfassungstreue bestünden. „Er sollte sein Demokratieverständnis überprüfen“, so Herrmann. Auch Linken-Fraktionschef Udo Wolf spricht von einer „ausgesprochen unpassenden“ Mitgliedschaft Büges. Senator Czaja müsse sich fragen lassen, ob er Menschen beschäftigen wolle, die sich in „Braunzonen“ bewegten.

Büge weist die Vorwürfe von sich. Seine Gothia-Mitgliedschaft sei Privatsache und stehe in keinem Zusammenhang mit seiner Staatssekretärstätigkeit, sagte er der taz. „Selbstverständlich distanziere ich mich von jeglichem rechtsextremen Gedankengut. Auch innerhalb meiner Verbindung wird solches Gedankengut nicht akzeptiert.“

Büge verweist auf eine Petition, die er im Frühjahr unterschrieben habe: Darin verwehren sich die Unterzeichner gegen einen rechtsextremen „Schriftleiter“ der Burschenschaftlichen Blätter, dem Zentralorgan der Bünde. Der hatte die Hinrichtung des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer gerechtfertigt – und wurde am Wochenende auf einem Treffen deutscher Burschenschaftler in Stuttgart abgewählt. Eine Abkehr von der ultrakonservativen Ausrichtung, wie von liberalen Bünden gefordert, erfolgte nicht.

Den Grünen reicht Büges Distanzierung nicht. Herrmann fordert ihn auf, die Burschenschaft zu verlassen – oder sein Staatssekretärsamt niederzulegen.

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