Bußgelder für ImpfschleicherInnen: Wohlige Straflust

Der Bußgeldvorschlag der GroKo ist reiner Populismus. Schöner wäre, wenn der Impfbetrieb jetzt tatsächlich auf Hochtouren anliefe.

Eine Person sitz in einer leeren Halle auf einem Stuhl.

Nicht ganz so viel los: Impfzentrum in Köln im Februar Foto: Oliver Berg/dpa

Bis zu 25.000 Euro Bußgeld für Impfschleicherinnen und Impfvordrängler: Als „saftig“ werden solche Strafen gern bezeichnet, wie sie die Koalitionsfraktionen nun offenbar ins Pandemiegesetz schreiben wollen. Das Gefühl von saftiger, wohliger Straflust also soll beim Publikum herausgekitzelt werden.

Aus gutem Grund: Da müssen dringend Emotionen umgelenkt werden. Schließlich haben wir uns dieser Tage damit auseinanderzusetzen, dass und warum die Bundesrepublik den Wettlauf gegen neue Virusmutationen zu verlieren droht. Denn beinahe alle staatlichen Ebenen scheinen bei der Beschaffung und Verteilung der Impfstoffe lieber zu zögern als zu handeln – Hauptsache, jemand anderes übernimmt die Verantwortung.

Kurz gesagt: 25.000 Euro Bußgeld sind Populismus. Natürlich waren die Geschichten hanebüchen, die etwa der Bürgermeister von Halle auftischte, wonach er und ein Trupp weiterer KommunalpolitikerInnen per „Zufallsgenerator“ ausgesucht worden seien, um übrig gebliebene Impfdosen zu verspritzen. Hat der Mann später dann auch zurückgenommen, dieses Erklärangebot. Und es glaubt doch auch niemand, dass die Kommunalfürsten, Bischöfe und sonstigen Honoratioren die Einzigen sind, die sich ihren Impfschuss abgezwackt haben – sie sind nur diejenigen, die verpetzt wurden.

Aus den Bundesländern kommen außerdem Nachrichten von BürgerInnen, die schummeln wollen: Bei der Online-Anmeldung klicken sie die „Berechtigung“ an, aber am Impfzentrum stellt sich heraus, dass sie gar nicht zur berechtigten Gruppe gehören. Das hält den Betrieb auf und kostet im Endeffekt Menschenleben, das sollte diesen Leuten klargemacht werden. Doch auch solche – erwartbaren – Mogeleien erklären nicht das logistische Desaster, das die Bundesländer maßgeblich mitverursacht haben.

Statt mit überhöhten Bußgeldern könnte die Bereitschaft, sich an Regeln zu halten, aber eher durch etwas anderes befördert werden: Man bekäme gern den Eindruck, dass der Impfbetrieb jetzt tatsächlich auf Hochtouren anliefe.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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