Bürgerkrieg in Syrien: Syrische Rebellen wollen loslegen

Bürgerkrieg oder Intervention in Syrien? Die Rebellen hoffen auf Waffen aus Libyen. Doch gegen Waffenschmuggel geht nun die libanesische Hisbollah vor.

Manche haben nur ein Banner und den festen Willen, gegen die mit rund einer Milliarde Dollar jährlich finanzierte Staatsarmee zu kämpfen. Bild: reuters

BERLIN taz | „Die Freie Syrische Armee will zurückschlagen – tolle Idee, aber wie?!“, kommentiert ein syrischer Oppositioneller im Pariser Exil die Nachricht, die am Donnerstag weltweit für Schlagzeilen sorgte. „Es ist doch jetzt schon ein verdammt dreckiger Krieg. Wenn wir könnten, hätten wir längst zurückgeschlagen!“

Am Morgen hatte Qassim Saadeddine, desertierter syrischer Oberst und Führungsmitglied der Rebellenarmee FSA (Freie Syrische Armee) per Video erklärt, dass „die Gemeinschaft der Führer der Freien Armee innerhalb Syriens dem Regime ein 48-Stunden-Ultimatum“ stellt, um die Forderungen von Kofi Annans Friedensplan zu implementieren. „Sollte dies bis zum Freitagmittag nicht geschehen“, so drohte Saadeddine, werde die Freie Syrische Armee „alles tun“, um Zivilisten, ihre Dörfer und Städte zu verteidigen.

Die Drohung, den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime zu intensivieren, verstärkte die internationale Sorge vor einem Abgleiten Syriens in einen offenen Bürgerkrieg. Im schlechtesten Fall, so am Mittwochabend die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, bleibe „den Mitgliedern des Sicherheitsrats und der internationalen Gemeinschaft nur die Option zu überlegen, ob sie darauf vorbereitet sind, außerhalb des Annan-Plans und der Autorität des Sicherheitsrats tätig zu werden.“ Dass Assad den Friedensplan sofort umsetze, sei das beste Szenario, aber „höchst unwahrscheinlich“.

Mit jedem verstreichenden Tag rückt ein Militäreinsatz näher

„Jeder Tag, der vergeht, stärkt die Argumente“ für einen militärischen Einsatz in Syrien, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Donnerstag in Dänemark. Dafür werde jedoch internationale Unterstützung benötigt, die derzeit angesichts der Positionen von Russland und China nicht vorhanden sei. Russlands Unterstützung für Assad trage zu einem Bürgerkrieg bei, denn sie verhindere ein UN-Eingreifen zur Unterbindung des Blutvergießens.

„Wir wissen, dass es tatsächlich noch viel schlimmer werden könnte“, sagte Clinton. Nichts zu tun, sei keine Option. Der Aufstand könne in einen Stellvertreterkrieg münden, der die gesamte Region hineinziehe. Gleichzeitig sei die syrische Opposition deutlich stärker zersplittert als die gegen Gaddafi in Libyen.

Dies zeigt auch die Diskussion auf den FSA-Vorstoß innerhalb der syrischen Opposition. „Das war eine eigenständige Aktion, die auch gleich eines unserer größten Probleme zeigt – die mangelnde Koordination“, erklärte gegenüber der taz Oberst Amar Wouwa, der in der türkisch-syrischen Grenzregion mit weiteren Deserteuren auf den Moment zum Angriff wartet.

Es fehlt nur an großen Worten nicht

„Es fehlt an allem“, so der Freiheitskämpfer, „nur nicht an großen Worten.“ Waffen seien nur noch schwer erhältlich, die Preise seien ins Astronomische gestiegen. Es mangele an Munition, an sicheren Satellitentelefonen, an Internetzugängen. Auch die lang ersehnten schweren Waffen aus Libyen seien noch längst nicht angekommen.

„Es gibt keine Deadline“, relativierte FSA-Kommandeur Oberst Riad Asaad im Lauf des Donnerstags gegenüber al-Dschasira die vorherige Drohung seines Kollegen. „Aber wir wollen, dass Kofi Annan eine Erklärung über das Scheitern des Friedensplanes abgibt, damit wir frei sind, unsere militärischen Operationen durchzuführen.“

Die Hisbollah kauft sich strategisch in Ägypten ein

Der Pariser Exilant Abu Hassan sagt, die syrischen Rebellen hätten nicht mit dem Einsatz der als sehr gut organisierten libanesisch-schiitischen Hisbollah auf Seiten Assads gerechnet. Diese sei dabei, in Ägypten auf der Sinai-Halbinsel und bei Alexandria Land zu kaufen, um von dort aus eventuelle Waffenlieferungen aus Libyen für die syrischen Aufständischen beobachten und der libanesischen Marine Tipps zu deren Unterbinden geben zu können.

Waffenschmuggel aus Libyen über das Mittelmeer ist nur in Sichtweite der ägyptischen Küste nötig, denn alles Seegebiet außerhalb der Neunmeilenzone der jeweiligen östlichen Mittelmeeranrainer wird ohnehin von Israel kontrolliert.

Währenddessen gehen Proteste in Syrien weiter. In Damaskus blieben gestern die Geschäfte geschlossen, auch in Aleppo. Ein Augenzeuge beschrieb es gegenüber der taz als den „größten Akt zivilen Ungehorsams der Händler“ seit Beginn der Proteste. (mit dapd, Reuters)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.