CDU-Forderung nach einem Burka-Verbot: Der Sinn bleibt vielen schleierhaft

Unions-PolitikerInnen fordern vollmundig ein Verbot der Vollverschleierung. Was soll, was würde das bringen? Fünf Meinungen aus der taz.

Eine Frau in einer Burka geht über den Odeonsplatz in München

Privatsache oder Verbotsgegenstand? Foto: dpa

Ob es schwerfällt oder nicht

Es mag simpel sein. Aber sehe ich eine vollverschleierte Frau, blicke ich nicht entrüstet auf eine bemitleidenswerte Unterdrückte. Ich bin eher neugierig, wer sich da verbirgt. Ja, dazu gehört auch die Frage: Trägt sie das freiwillig, zwingt sie jemand, ein Mann oder ein fanatischer Glaube? Aber eben auch jene: Wer bin ich, das zu unterstellen? Diskriminierung aufgrund einer Äußerlichkeit gehört ins Geschichtsbuch, nicht ins Gesetz. Und als Äußerlichkeit muss ich als Fremde den Gesichtsschleier zunächst betrachten, fällt es mir leicht oder nicht. Nach langen Bärten fragt übrigens niemand. Wo wir dabei sind: Springerstiefel, weiße Schnürsenkel, war da was? JOHANNA ROTH

Nahrung für den islamistischen Terror

Bisher eignete sich Deutschland nicht wirklich als zentrales Terrorziel. Ein Land, das Millionen Flüchtlinge aufnimmt, dessen Militär in der Regel niemanden umbringt und wo es dem Staat egal ist, was man anzieht? Da sprengt sich der islamistische Profi doch lieber in Frankreich in die Luft. Aber nun gibt es Hoffnung für Terroristen. Endlich soll der Propaganda, wonach sich Muslime in Deutschland gegen die Ungläubigen wehren müssen, eine Grundlage gegeben werden. Endlich diskutiert Deutschland ein Burka-Verbot. Vielleicht werden ja als Nächstes Flüchtlinge ausgewiesen. Dann könnte Deutschland in der Riege der Terrorziele zu den Großen aufrücken. DOMINIC JOHNSON

Schlecht für den Luxustourismus

Ein „Burka-Verbot“ ist geschäftsschädigend. Besitzer von Edelsanatorien, Hotels und Luxusboutiquen in Metropolen wie München oder Ferienressorts der Schweiz sind deshalb gegen ein Verbot von Ganzkörperschleiern: Sie fürchten, die zahlungskräftige Kundschaft vom Golf könnte ausbleiben. Natürlich hätten deutsche Polizeibeamte auch Besseres zu tun, als Knöllchen für „unpassende“ Kleidung zu verteilen, sprich: Sittenpolizei zu spielen. Und Bekleidungsvorschriften passen per se nicht zu einer liberalen Gesellschaft: Damit werden europäische Länder den Diktaturen im Nahen Osten ähnlicher, als sie wollen. Aber das wirtschaftliche Argument wiegt am Ende in Deutschland wohl schwerer. DANIEL BAX

Frauenrechte unsichtbar

Geht es hier um Frauenrechte? Die Verbotsvorkämpfer – Innenminister der Union – sind nicht gerade als Speerspitze des Feminismus bekannt. Auch jetzt wollen sie verschleierte Frauen nicht in ihrer Selbstbestimmtheit stärken. Im Gegenteil: Sie führen einen populistischen Stellvertreterkrieg, um den Islam als repressiv und Bedrohung westlicher Werte zu diffamieren. Frauen, die hier vollverschleiert unterwegs sind, muss man suchen. Wenn man sie gefunden hat und ihnen den Schleier verbietet, werden sie gänzlich unsichtbar: Weil sie das Haus nicht mehr verlassen. Oder glaubt irgendwer, ein Verbot führt dazu, dass Frauenrechte in die Haushalte einziehen? PATRICIA HECHT

Nicht automatisch alles Unsinn

Kann ein Verbot von Burkas oder sonstigen Verschleierungen die Sicherheit erhöhen? Und geht es den Unionsministern wirklich darum, wenn sie die paar hundert Frauen, die so herumlaufen, jetzt dringend enthüllen wollen? Wer’s glaubt, wird selig. Natürlich sollen AfD-geneigte WählerInnen so ihren Glauben an die Union wiederfinden. Trotzdem ist auch nicht automatisch alles Unsinn, was in der Debatte von der Union gefordert wird, nur weil es von der Union gefordert wird. Wenn am Ende klargestellt wird, dass Frauen bei Aussagen vor Gericht, beim Abholen ihrer Kinder aus der Kita oder bei Kontrollen am Flughafen ihr Gesicht zeigen müssen, ist das in Ordnung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. LUKAS WALLRAFF

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