CDU überwindet Lagerdenken: Der geschätzte Sozi

Weyhes Bürgermeister, Andreas Bovenschulte, kandidiert für die Bürgerschaft in Bremen. Weyhes CDU lobt seine Arbeit und will ihn nicht ziehen lassen.

Der SPD-Politiker Andreas Bovenschulte hält eine Rede.

Soll nach Wunsch der CDU in Weyhe bleiben: SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte Foto: dpa

BREMEN taz | Wer Dietrich Struthoff zuhört, denkt, er wäre in einer verkehrten Welt. In den höchsten Tönen lobt der CDU-Fraktionschef aus Weyhe die Arbeit, die der Bürgermeister des niedersächsischen Ortes bei Bremen geleistet hat. Ein „Fachmann“ sei der, mit „hohem Verantwortungsbewusstsein“ und „sehr engagiert“. In den letzten fünf Jahren habe der Bürgermeister viele Projekte angeschoben, die Sanierung der Kooperativen Gesamtschule etwa oder den Rückkauf von Strom- und Gasnetzen. Nun wären solche Schmeicheleien in der Politik nicht ungewöhnlich, würden sie nicht von der CDU kommen und Andreas Bovenschulte gelten, dem Bürgermeister – einem linken Sozialdemokraten.

Was also ist los mit der CDU in Weyhe? Sie kämpft in dem Ort geradezu um Bovenschulte und dafür, dass er die verbleibenden zweieinhalb Jahre seiner Amtszeit Bürgermeister bleibt.

Doch danach sieht es nicht aus. Bovenschulte kandidiert bei der Bremer Bürgerschaftswahl auf Listenplatz 8 der SPD. Trotz herbem Tief der SPD ist das ein ziemlich sicherer Platz. Und Bovenschulte hat nach der Wahl am 26. Mai durchaus Chancen auf einen verantwortungsvollen Posten in Bremen: in der Fraktion, womöglich sogar im Senat, sofern die SPD wieder regieren sollte. Manche Stimmen halten es für möglich, dass Bovenschulte übernehmen könnte, sollte SPD-Bürgermeister und Spitzenkandidat Carsten Sieling nicht weitermachen.

In jedem Fall hat Bovenschulte Erfahrung aus der Verwaltung und auch innerhalb der SPD. Von 2010 bis 2013 war er deren Bremer Landesvorsitzender, seit 2007 arbeitet er für die Gemeinde in Weyhe: erst als Vize-Bürgermeister, seit 2014 als Bürgermeister. Davor war der Jurist Referent beim Bremer Senator für Justiz.

CDU-Unterstützung schon 2014

Dass er qualifiziert ist, wusste die Weyher CDU bereits 2014. Schon da unterstützte sie Bovenschulte gemeinsam mit Sozis und Grünen. Das Bürgermeisteramt in Weyhe könne eben „nicht jede Flitzpiepe“ ausfüllen, sagt Struthoff. 500 Leute müssten geführt, ein Haushalt von 50 Millionen gemanagt werden. „Die CDU ist eine staatstragende Partei“, sagt er. Deshalb habe man sich für Bovenschulte ausgesprochen. „Wir fanden, er hatte sehr gute Arbeit gemacht.“

Wahlkampf habe man für ihn gemacht. „Ich habe seine Kandidatur mit meinem Namen unterstützt. Und jetzt schmeißt er hin“, sagt Struthoff. „Unverantwortlich“ sei es, wenn Bovenschulte vorzeitig nach Bremen wechsle. Er habe versprochen, das Amt die ganzen sieben Jahre lang auszufüllen. Sogar eine Resolution hat die CDU verabschiedet, damit er bleibt.

Zugespitzt hat sich der Trennungsstreit, nachdem Bovenschulte dem Gemeinderat vorschlug, ihn abzuwählen. Die Christdemokraten sperren sich. Abhalten wird das Bovenschulte nicht. Das Bürgermeisteramt weiter auszufüllen ist zwar wegen Interessenskonflikten ausgeschlossen. Aber er kann sich unter Wegfall der Bezüge beurlauben lassen. Beim Vorschlag der Abwahl ginge es ihm darum, dass der Platz frei sei für einen Nachfolger, sagt er.

Und das Versprechen, die Amtszeit durchzuziehen? „Ich bin seit zwölf Jahren für die Gemeinde Weyhe tätig. Das ist der mit Abstand größte Teil meines Berufslebens“, sagt Bovenschulte. Im letzten Jahr habe ihn Bremens Bürgermeister Carsten Sieling angesprochen, ob er nicht für die SPD kandidieren wolle. „Für mich hat sich damit die Frage gestellt, ob ich noch mal auf Ebene der Landespolitik in Bremen Verantwortung übernehmen möchte“, sagt er. Das sei fünf Jahre zuvor nicht absehbar gewesen.

Bremen brauche mehr bezahlbaren Wohnraum, kostenfreien Nahverkehr, müsse noch familienfreundlicher werden und Arbeitsplätze bieten, von denen möglichst viele Menschen gut leben können, so Bovenschulte.

Ob er dafür qualifiziert ist, der linke Sozi? „Mir ist egal was der Bovenschulte am Kamin dahin schwadroniert“, sagt Struthoff. „Im Alltag ist seine Politik entscheidend.“ Und von der ist die CDU überzeugt – zumindest für Weyhe.

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