CL-Finale der Frauen in Berlin: Keine Party ohne Selfie

Der 1. FFC Frankfurt bekommt kein Selfie mit der Kanzlerin, gewinnt aber die Champions League souverän. Wenn auch in einem faden Spiel.

Die herausragende Spielerin des Abends: Celia Sasic Bild: reuters

BERLIN taz | Eine Party, die niemand so schnell vergessen wird, kündigte Celia Sasic nach ihrem Sieg der Champions League am Donnerstag abend glücklich strahlend an. Die hat sie sich auf jeden Fall verdient. Auch wenn man das Spiel des 1. FFC Frankfurt gegen Paris St. Germain nicht unbedingt eine Party nennen kann.

Die Topstürmerin Sasic kann dafür allerdings nichts. Eigentlich war sogar schon von der zweiten Minute an klar, wer die Spielerin des Champions-League-Finales werden würde: Celia Sasic. Ihr erster Ballkontakt, eine Flanke, sensationell. Wenn auch ihre Mitspielerin nicht herankam. Einige Frankfurter Torchancen und exakt eine halbe Stunde später war es dann zwar Kerstin Garefrekes, die eine nicht minder schöne Flanke auf ihre Mitspielerin Casic gab. Die allerdings erwischte den Ball dann auch und köpfte ihn zum Führungstreffer ins Tor.

Während der ersten halben Stunde im mit über 17.000 Besuchern ausverkauften Berliner Friedrich-Jahn-Sportpark war Sasic in so gut wie jede Szene involviert. Stark, kämpfend, ballbeherrschend. Ein echter Genuss. Das Spiel fand während dieser Zeit allerdings auch so gut wie ausschließlich in der gegnerischen Hälfte statt. Die Spielerinnen von Paris St. Germain latschten den Frankfurterinnen hinterher oder standen orientierungslos im Mittelfeld rum als hätten sie bereits 90 Minuten hinter sich.

Der Pariser Trainer Farid Benstiti erklärte nach dem Spiel, dass er mit etlichen Verletzungen unter seinen Spielerinnen zu kämpfen gehabt habe. Allen voran der eigentlich geplante Star des Abends, Fatmire Alushi, war offenbar stark eingeschränkt. Von ihr sah man eins: nichts. In der 66. Minute holte sie Benstiti vom Platz. Viel zu spät. Am Freitagmorgen gab Alushi dann auch noch bekannt, dass sie nicht zur WM fahren wird. Sie ist schwanger.

Weniger kämpferisch als erwartet

Zwar war der PSG eindeutig als Nichtfavorit in die Partie gegangen – noch nie war er über das Achtelfinale hinausgekommen. Doch in dieser Runde hatte er die Champions-League-Sieger der letzten vier Jahre, Olympique Lyon und zuletzt in einem spannenden Halbfinale den VfL Wolfsburg besiegt. Man hätte also erwarten können, zumindest ein kämpferisches Team zu sehen.

Doch erst fünf Minuten vor der Halbzeitpause war davon etwas zu sehen, als die emsige Stürmerin Mari-Laure Delie nach einer Ecke den Ausgleich – ebenfalls mit dem Kopf – schoss. Danach ging auch den Frankfurterinnen die Leidenschaft abhanden, bis ihnen – fünf Minuten vor Schluss – klar wurde, dass sich niemand hier noch eine Verlängerung lang quälen wollen würde. Mandy Islacker, für Ana Maria Crnogorcevic eingewechselt, schickt den Ball in der 91. Minute per Direktabnahme und Außenrist ins Tor und holte damit nach den Champions-League-Siegen 2013 und 2014 für den VfL Wolfsburg den dritten Titel für ein deutsches Team und den vierten für den FFC.

Für das deutsche Frauennationalteam, einer der Favoriten für die WM in Kanada, hat dieses Finale einen bitteren Nachgeschmack. Neben Alushi könnte es auch für Simone Laudehr eng werden. Sie hat sich im Spiel eine Außenbandzerrung im Knie geholt. Das Auftaktraining für die WM-Vorbereitung in der Schweiz wird sie definitiv verpassen.

Das Publikum im Berliner Stadion aber verpasste nichts. An ihm lag es nicht, dass das Spiel so fade war. Was war nicht alles gemeckert worden über den Austragungsort. Sicher, ein bisschen viel war es schon, dass das Finale an einem Donnerstag, dazu noch einem Feiertag, zu frühester Stunde um 18 Uhr und dann auch noch in einem alten DDR-Stadionausgetragen wurde. Aber der Prenzlauer Berg versuchte sich, im Gegensatz zum Einsatz auf dem Rasen, tatsächlich in Partykellerstimmung.

Händeschütteln mit der Kanzlerin

Die kleine, aber laute Pariser Fangruppe sorgte mit hübschen Sprech- und Klatschrhythmen, Buh- und Foul-Rufen für aggressive Stadionatmosphäre. Und die aus Frankfurt und allen Teilen Berlins angereisten Donnerstagsgucker bemühten 90 Minuten lang perfekt gleitende La-Ola-Arme, dass selbst Celia Sasic zufrieden war: „Der Pott sieht in jedem Stadion gleich aus“, sagte sie. „Und wenn ich was gehört habe, dann haben die Zuschauer ordentlich Krach gemacht“.

Man muss nicht immer wieder feststellen, dass der Frauenfußball aufgewertet wird, wenn die Kanzlerin bei einem Spiel dabei ist. Sie war es aber, schüttelte sogar bei der Trophäenübergabe die Hände. Mit in die Kabine der Spielerinnen wollte sie aber trotzdem nicht, erzählte der Frankfurter Trainer Colin Bell. „Dabei hätte ich so gerne ein Selfie mit ihr und den Spielerinnen gemacht“.

Aber was ist schon ein Selfie gegen eine Stastik? Die nämlich führt Colin Bell in einem Punkt an: Mit ihm stand erstmals ein englischer Coach in einem Champions-League-Finale überhaupt. Ergo hat auch erstmals ein englischer Coach überhaupt eine Champions-League gewonnen. Dass seine Star-Spielerin Sasic, die mit 14 Toren auch noch Torschützenkönigin wurde, seinen Verein wohl trotzdem verlassen wird, ist für ihn wahrscheinlich schlimmer als die Selfie-Abfuhr der Kanzlerin.

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