COP21-Demos in Paris: Die gegen den Gipfel tanzen

In Paris protestiert die Zivilgesellschaft zum Abschluss des Weltklimagipfels in großem Stil – trotz des offiziellen Demonstrationsverbots.

Eine Frau trägt einen Globus und reckt die Faust in die Höhe.

Auf der Demo zum Abschluss des Weltklimagipfels vor dem Eiffelturm in Paris. Foto: dpa

PARIS taz | Es sind Tausende rund um den Eiffelturm und Manel, der Flüchtling aus Syrien, fühlt sich ihnen verbunden. Unter Platanen, dort wo trotz des Gewusels in aller Seelenruhe und vor einer einsamen Europafahne ein paar alte Männer Boule spielen, dort hat Manel drei Ponys und zwei Esel geparkt. Neben ihnen steht eine mit der Trikolore geschmückte Holzkutsche für Kinder samt knallgelbschwarzem Banner „Stop Nuclear Power!“

Zwei Aktivisten haben es Manel, der seit einem Jahr in Paris ist, vor ein paar Minuten geschenkt. „Es ist toll, dass die Menschen wieder auf die Straße gehen,“ sagt Manel. „Endlich!“

Ja, endlich – auch wenn bei Manel heute ob der Proteste umsatztechnisch nichts läuft. Heute gibt es keine Kinderkutschfahrten, heute protestiert die Zivilgesellschaft in ziemlich großem Stil. Begonnen hatte das Happening schon Samstag, Schlag 12 Uhr in der Nähe des Arc Triomphe, organisiert von einem Netzwerk von Aktivistenorganisationen wie Attac und 350.org. Bis 24 Stunden vorher war nicht klar, ob und wo Menschenansammlungen erlaubt sein würden. Jetzt werden die Proteste „toleriert“, so lautet das Wording der Behörden – trotz offiziellem Demonstrationsverbot.

Oui, sie sind wieder da, die Menschen. Sie strömen an diesem milden, grauen Dezembertag vom neoklassizistischen Palais de Chaillot zu Tausenden hinunter an die Seine und über die wuchtige Brücke zum Eiffelturm. Sie kommen auf Fahrrädern und mit Kinderwagen, in Eisbärkostümen und laut trommelnd, es sind Transvestiten dabei und ein Finne im Rentierkostüm und das hier ist ihre Veranstaltung.

Das Leben in Paris, es ist wieder da

Sie skandieren „Klimagerechtigkeit, jetzt!“ und „1,5 Grad, jetzt!“, sie entrollen zu Hunderten eine Stopplinie aus einem meterlangen roten Tuch, sie bekommen Applaus von japanischen Touristen und plötzlich ist es wieder da: Das Leben in Paris. Die Hoffnung.

Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.

„Unter den drakonischen französischen Sicherheitsvorkehrungen ist das hier das Beste, was wir als Klimagerechtigkeitsbewegung rausholen können“, sagt Tadzio Müller von der Rosa Luxemburg Stiftung. Seine Füße wippen im Takt zu einer tschechischen Protest-Brassband. „Die Stimmung ist total gut hier“, meint Müller unter dem stählernen Eiffelturm und flankiert von drei hochgerüsteten Gendarmen. „Aber der Klimadeal auf dem Gipfel, der ist Grütze. Er ist verlogen, menschenverachtend und schizophren.“

Die „gipfelnahe Zivilgesellschaft“ draußen in Le Bourget sei im Laufe der Verhandlungen „prozessblind“ geworden: „Der Vertrag enthält weder verbindliche Emissionsbeschränkungen noch verbindliche Finanzierungszusagen.“ Doch sei es sinnlos, so Müller, „sich jetzt frustrieren zu lassen. Klimaschutz bleibt Handarbeit und er muss von der Basis kommen.“

Als um 19.27 Uhr draußen auf dem Gipfel der soeben beschlossene Klimavertrag als „historisch“ bezeichnet wird, tanzt die Basis frenetisch unterm Eiffelturm. Organische Linsensuppe gibt es auch.

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