Carsten Rentzings Rücktritt: Ein Bischof mit Burschenband

Die AfD feiert ihn: Sachsens Bischof Carsten Rentzing sieht sich als Kontrapunkt zum liberalen Protestantismus. Jetzt ist er zurückgetreten.

Ein Mann mit raspelkurzen grauen Haaren und schmaler Brille

Kein einfach Konservativer, sondern als Bischof schlicht untragbar: Carsten Rentzing Foto: dpa

DRESDEN taz | Wie der milde gute Hirte wirkte Sachsens evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing kaum. Sein Auftreten und seine Diktion verrieten eher einen gewissen Schneid. Als jetzt seine Studentenjahre in der schlagenden Alten Prager Landsmannschaft Hercynia bekannt wurden, der er bis heute als Alter Herr angehört, konnte man ihn sich spontan auch im Vollwichs mit Band und Mütze statt des Talars vorstellen. Im Trikot auf dem Rennrad wirkt er hingegen schon sympathischer.

Nun hat der 52-jährige Bischof sein Amt zur Verfügung gestellt. Seit die Sächsische Zeitung Rentzings vor einigen Wochen Rentzigngs Vergangenheit als Burschenschafter bekannt gemacht hatte, diskutieren Pfarrhäuser und Gemeinden über den Fall. Nur beim sächsischen Pfarrertag Mitte September hielt die Landeskirche das Thema noch unter der Decke. Der Landesbischof versuchte zunächst, seine Wandlung vom Saulus zum Paulus glaubhaft zu machen. „Kein Leben verläuft nur geradlinig, auch das meine nicht“, schrieb er.

Doch mittlerweile wurden weitere Kapitel seiner Biografie entdeckt, die Rentzing bislang verschwiegen hatte. Von 1989 bis 1992 war er Redakteur der rechtsnationalen Zeitschrift fragmente. Was der Student dort verfasste, stellt die freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage. Es sei „absurd“, Freiheit und Demokratie zu koppeln. Die Demokratie setze vielmehr eine Nivellierung der Geister an Stelle der „einsamen Entscheidungen großer Männer“. Rentzing spottete schon damals über den „Polit-Brei“, spach von „Entartungen“ und vertrat ethnopluralistische Anschauungen.

Es fällt schwer, seiner Darstellung zu folgen, dass es sich nur um Jugendsünden handele. Noch 2013 hielt Rentzing, immerhin schon Vizepräsident der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, in Berlin einen Vortrag bei der reaktionären „Bibliothek des Konservatismus“. Jetzt kapitulierte er auch vor einer Stellungnahme der Landeskirche, die zwar seine Distanzierung von den vor 30 Jahren vertretenen Positionen für „glaubwürdig“, die Texte aber für „unvertretbar“ hält.

AfD feierte Rentzing als „Helden“

Der gebürtige Berliner Carsten Rentzing entschloss sich mit 22 Jahren zum Theologiestudium. Nach Stationen in der sächsischen Landeskirche wurde er 2015 mit nur einer Stimme Mehrheit zum Landesbischof gewählt. Schon damals gab es eine ähnliche Petition wie die von 900 Kirchenmitgliedern jetzt im September, die eine stärkere Abgrenzung des Bischofs von der AfD und rechten Positionen verlangte. Die AfD feierte ihn am Montag als normalen Konservativen und Helden in einem „vergifteten Klima“. „Selbst die sächsischen Kirchen haben sich nun zum Erfüllungsgehilfen linker und linksextremistischer Meinungsvorgaben gemacht“, schreibt ihr Pressesprecher.

Rentzing gilt beispielsweise als strikter Gegner der Ehe für alle, sieht sich als Kontrapunkt zum liberalen Mehrheitsprotestantismus. Am 21.Oktober will die Landeskirchenleitung über sein weiteres Schicksal entscheiden.

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