Chaos beim FC Bayern: Die Meister mit Kratzer und Dellen

Der FC Bayern hat es geschafft, seine eigene Meisterfeier zu ruinieren. Der neue Klubchef Dreesen will deshalb erstmal das Grundlegendste angehen.

Auf der Tribüne sitzen Hainer, Kahn, Salihamidzic und Diederich mit skeptischem Gesichtsausdruck nebeneinander

Ziemlich verkrachte Freunde: die Bayern-Führungsriege noch in Zeiten vor der Implosion Foto: Heiko Becker/reuters

MÜNCHEN taz | Ach, es hätte so schön sein können am Samstag nach dem Abpfiff. Also für den FC Bayern und dessen Fans, nicht für den Rest von Fußball-Deutschland und erst recht nicht für Borussia Dortmund. Aber die Münchner haben es geschafft, die eigene Meisterparty in Köln zu ruinieren dank eines – sagen wir einmal – sehr unglücklichen Zeitmanagements. Passend zur Saison, wie auch Trainer Thomas Tuchel fand: „Anstatt zu feiern, haben wir das nächste politische Thema.“

Es wurde und wird nach dem Rauswurf von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic noch immer über Stilfragen diskutiert, über Kommunikationspannen und darüber, wer nun an der Seite des neuen Klubchefs Jan-Christian Dreesen die Rolle des Sportvorstands übernehmen soll. Angeblich haben die Bayern schon mit Max Eberl von RB Leipzig gesprochen. Auch Markus Krösche von Eintracht Frankfurt und Michael Reschke, einst Technischer Direktor bei den Bayern, sollen Kandidaten sein.

Dass am Samstag, noch bevor die Mannschaft die Schale in den Händen hielt, die Entlassung von Klubchef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic öffentlich wurde, war so zwar nicht ganz geplant. Aber die Verantwortlichen mussten damit rechnen, dass sie über den Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ganz die Deutungshoheit behalten würden. Brisantes dringt beim FC Bayern zu oft zu früh nach außen. Weshalb die Personalfragen schon vor Saisonende geklärt werden sollten, begründet Hainer damit, dass man die Beteiligten frühzeitig informieren wollte.

Allerdings hatte der Präsident nicht damit gerechnet, dass der Vulkan in Oliver Kahn wider Erwarten noch ziemlich aktiv ist. Das Gespräch am Donnerstagmittag, sagte Hainer, „ist nicht so gut gelaufen. Es war sehr emotional, und wir konnten uns mit Oliver Kahn nicht einigen, dass wir die Beendigung einvernehmlich hinbekommen.“ Es soll laut geworden sein, heißt es. Die Konsequenz war, dass Kahn am Freitag sofort von seinen Aufgaben entbunden wurde, „aus diesem Grund konnte er am Samstag auch nicht mit nach Köln gehen“, sagte Hainer. Das Fehlen von Kahn auf der Tribüne wurde mit einer Sommergrippe begründet, was schon während der Partie Anlass zu Spekulation gab.

Offenbar tief getroffen

Offenbar tief getroffen setzte Kahn nach der Meisterentscheidung einen Tweet ab, in dem er schrieb, dass ihm die Reise nach Köln „vom Club untersagt“ worden war. Im Interview bei Sky legte er nach. Es sei „der schlimmste Tag in meinem Leben“, nicht „mit den Jungs“ feiern zu können. Und einen Tag später wehrte er sich in einem neuen Tweet gegen die Vorwürfe, er sei „ausgerastet“. Kahn war um Deutungshoheit bemüht, aber erkannte zu spät, dass er damit sein Image beschädigte – und versucht nun einzulenken. „Wir werden uns – wenn alles abgekühlt ist – zusammensetzen und in Ruhe über alles sprechen“, sagt er am Sonntagabend der „Bild“.

Mal abgesehen von der Mannschaft, die am Ende eben doch wieder ein wenig von dieser „Wir-geben-nie-auf“-Mentalität aufblitzen ließ, und dem Trainer gab es an diesem Wochenende nicht viele, die unbeschadet aus diesem Tohuwabohu hervorgingen. Der eine, Jan-Christian Dreesen, versprach, dass er sich um das offenbar nicht zum Besten bestellte Betriebsklima kümmern werde. „Nahbarkeit, Fannähe und Menschenführung sind hier zuletzt zu kurz gekommen“, stellte er fest. Der bisherige Finanzvorstand genießt großes Ansehen bei der Belegschaft und den Fans.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass sein ursprünglicher Plan, sich mit Ablauf dieser Saison aus dem Vorstand des FC Bayern zurückzuziehen, mit Kahn und dessen im Verein umstrittenen Führungsstil zu tun hatte. Der andere, Hasan Salihamidzic, schaffte es, würdevoll seinen Job beim FC Bayern zu beenden. Er hat in Köln mitgefiebert, später mitgefeiert und er stellte sich den Fragen. „Ich hätte natürlich gerne weitergemacht“, sagte er. „Ich akzeptiere das. Der FC Bayern steht über allem.“ Salhamidzic gewann an Größe. Das ist nicht jedem gelungen.

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