Charité-Tochter: Erfolg für Streikende

Nach zwölf Wochen Streik lenkt der Arbeitgeber ein: Mitarbeiter der Charité-Tochter CFM sollen ab 2012 Mindestlohn von 8,50 Euro erhalten. Psychotherapeuten in Ausbildung beginnen ihren Streik gerade erst

Sie haben drei Monate gestreikt bei der Charité-Auslagerung CFM - letztlich mit Erfolg Bild: dpa

Der Streik bei der Charité Facility Management GmbH (CFM) steht vor dem Ende. Am Montagnachmittag einigten sich der Aufsichtsrat der Charité-Tochter und Vertreter der Gewerkschaften Ver,di und DBB auf Eckpunkte, um den 12-wöchigen Streik zu beenden. Dazu gehören ein Mindestlohn von 8,50 Euro ab Mai 2012 und eine Einmalzahlung von 300 Euro im Januar 2012. Die Mitarbeiter müssen in einer Urabstimmung am Donnerstag die Einigung bestätigen.

Noch während der Sitzung des Aufsichtsrats am Montag protestierten mehrere 100 Protestierende auf dem Campus der Charité in Mitte mit Trillerpfeifen und Sprechchören gegen die niedrigen Löhne und ungleichen Arbeitsbedingungen bei der teilprivatisierten Charité-Tochter. 2006 hatte das Universitätsklinikum Charité die CFM gegründet, in ihr sind alle Mitarbeiter beschäftigt, die nicht direkt am Patienten arbeiten: in Reinigung, Sicherheit und Technik. Die CFM gehört zu 51 Prozent dem Land, 49 Prozent hält ein Konsortium der Unternehmen Vamed, Hellmann und Dussmann.

Steffen Pund, Krankenwagenfahrer, kam 2006 zur CFM. Bei der Demo trägt er eine leuchtend gelbe Ver.di-Weste über der Jacke, hält eine Zigarette in der Hand, die andere wegen der Kälte tief in der Tasche vergraben. "Der Leistungsdruck ist in den letzten Jahren immer mehr gestiegen", sagt er. Etwa 1.100 Euro verdient er netto monatlich, im Schichtdienst, 40 Stunden die Woche. "Ich bin alleinstehend, damit komme ich über die Runden", sagt Pund. "Aber viele Kollegen, die Familie haben, müssen inzwischen Aufstockung vom Arbeitsamt beantragen. Oder einen Zweitjob machen."

Im Mai streikten die Mitarbeiter der CFM für zwei Wochen, "um den Arbeitgeber überhaupt erstmal an den Verhandlungstisch zu bringen", wie Pund erklärt. Einen Tarifvertrag haben die Mitarbeiter der CFM bisher nicht. Rund 800 Mitarbeiter, die schon länger beschäftigt waren, sind weiterhin bei der Charité angestellt, mit den rund 1.800 anderen Mitarbeitern wird bislang jeweils einzeln verhandelt. Am 12. September trat ein großer Teil der CFM-Mitarbeiter in den Streik, rund 300 setzen den Arbeitskampf bis jetzt fort.

Trotz Einschüchterungsmaßnahmen der CFM-Geschäftsführung: Die drohte den Streikenden mit Kündigung, der Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin wurde offenbar wegen des Streiks nicht verlängert. Und sie beauftragte die private Sicherheitsfirma Flash-Security, deren Mitarbeiter den Streikenden nach deren Erzählungen immer wieder folgten, sie einschüchterten, bespitzelten. "Solche Bodybuilder-Typen mit schwarzen Sonnenbrillen", sagt Uwe Ostendorff, Gewerkschaftssekretär von Ver.di.

Auch wenn über die Forderung der Streikenden, die Teilprivatisierung rückgängig zu machen, bis Redaktionsschluss noch nicht entschieden war, wertet Ostendorff das Angebot der Geschäftsleitung positiv: "Nachdem sich drei Monate lang gar nichts bewegt hat, ist das schon ein gewaltiger Schritt." Vor allem für diejenigen, die bisher nur 6,50 Euro Lohn die Stunde erhielten, bedeute das bis zu 300 Euro im Monat mehr.

Für eine andere Gruppe beginnt der Protest erst: Mit den CFM-Mitarbeitern haben am Montag die Psychotherapeuten in Ausbildung ihre Streikwoche begonnen. Nach dem Diplom müssen die Absolventen eine Ausbildung absolvieren, ein bis eineinhalb Jahre arbeiten sie im Krankenhaus, für eine geringe Aufwandsentschädigung oder umsonst. Kristina Röpcke, die derzeit ihr klinisches Praktikum macht, kann es mit Hartz IV finanzieren, weil sie ein Kind hat und einen großzügigen Sachbearbeiter. Andere brauchen dafür "einen Kredit oder einen Zweitjob. Oder eine Erbschaft."

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