Chemnitzer FC verliert vor Gericht: Recht auf rechtsextreme Freunde

Die Kündigung von Stürmer Daniel Frahn ist „unwirksam“. Der Chemnitzer FC klagt über die rechtslastige Justiz und will Berufung einlegen.

Fans auf der Tribüne mit Zetteln mit der Nr. 11

Geschasster Liebling: Die Chemnitzer Fans solidarisieren sich mit Frahn über seine Rückennummer Foto: Karina Hessland/imago images

Klaus Siemon ist empört. Am Mittwoch klagte er nach dem Urteilsspruch schon über eine wiederholt rechtslastige Entscheidung der Chemnitzer Justiz. Am Donnerstag erklärte der Insolvenzverwalter und derzeit mächtigste Mann des Fußball-Drittligisten gegenüber der taz: „Ein Skandal ist dieses Urteil, weil es keine Privatsache ist, wenn sich ein bekannter Fußballer mit Rechtsextremen zeigt. Solche Auftritte haben einen Werbeeffekt für deren Ideologien. Und Fußballer wissen um ihre Öffentlichkeitswirksamkeit.“

Geklagt und recht bekommen hatte vor dem Arbeitsgericht in Chemnitz Daniel ­Frahn, ehemaliger Stürmer des Chemnitzer FC, gegen die fristlose Kündigung seines bis eigentlich 2021 laufenden Vertrags. Der 32-Jährige war Anfang August entlassen worden, weil er zum Auswärtsspiel in Halle mit führenden Köpfen der rechtsextremen Fangruppierung „Kaotic Chemnitz“ anreiste und sich mit ihnen die Partie anschaute. Der Verein sprach von einer „offenkundig zur Schau gestellte Sympathie zu führenden Köpfen der rechts gesinnten Gruppierung ‚Kaotic Chemnitz‘ und der aufgelösten Gruppe ‚NS-Boys‘“, die „massiv vereinsschädigend“ gewesen sei. Wegen einer Verletzung war Frahn damals nicht einsatzfähig.

Zuvor war er bereits abgemahnt worden, weil er im März nach einem Treffer ein T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local hools“ hochhielt und sich damit – wie etliche Klubverantwortliche an dem Tag – in die Gedenkzeremonien für die verstorbene Neonazi- und Hooliganikone Thomas Haller einspannen ließ.

Frahn beteuerte damals wie am Mittwoch über seine Anwälte seine Ahnungslosigkeit. Weder von der Verbreitung des T-Shirts in der Neonazi-Szene noch von der rechten Gesinnung seiner Begleiter im Stadion will er etwas gewusst haben. Das Gericht erklärte die Kündigung auch deshalb für „unwirksam“, weil ­Frahn nach dem ersten Vergehen vom Chemnitzer FC nicht klar genug die Folgen vor Augen geführt worden seien.

Vorwurf der fehlenden Konsequenz

Außerdem verfolge der Klub keine „stringente“ Haltung. Den ebenfalls in die Haller-Ehrung verstrickten Stadion­sprecher habe man Mitte September wieder eingestellt, bei der Aufstiegsfeier im Mai seien Frahns rechtsextreme Bekannte bereits in der Kabine gewesen.

Siemon betont, die Einlassungen des Gerichts wären alle falsch. Frahn sei im März von ihm persönlich und dem damaligen Sportdirektor Thomas Sobotzik deutlich erklärt worden, dass ähnliche Vorfälle zur Kündigung führen werden. Zur Meisterschaftsfeier sagt er der taz: „Es sind keine Leute geduldet worden. Unmittelbar, nachdem bekannt wurde, dass diese Personen sich rechtswidrig Zugang zur Kabine verschafft hatten, habe ich eine Strafanzeige erstattet wegen dieses Vorfalls. Die Strafanzeige ist Frahn auch bekannt geworden.“

Die Wiedereinstellung des Stadionsprechers, räumt Siemon ein, sei ein „grundlegender Fehler“ gewesen. Eine Entscheidung, bei der er nicht einbezogen worden sei. „Allerdings ist das irrelevant für diesen Fall, weil es nach der Kündigung Frahns geschah.“ Und er weist darauf hin, dass generell vor dem Gesetz ein Unrecht nicht ein anderes Unrecht rechtfertigen kann.

Sein Urteil über das Urteil des Arbeitsgerichts könnte kaum deutlicher ausfallen: „Es ist ein Skandal, weil die Richter damit eine mangelnde Achtung vor der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck gebracht haben.“

Im meistfrequentierten Fanforum und auf der Facebookseite des Chemnitzer FC spricht sich aber die Mehrheit der Anhänger für die Akzeptanz des Urteils aus. Der einstige Publikumsliebling Frahn erfährt bei den Fans immer noch eine große Wertschätzung. Der klamme Klub solle sich die Gerichtskosten für weitere Instanzen sparen, heißt es. Nicht wenige träumen gar von einer Rückkehr Frahns. Das Gericht stellte fest, es sei kein großer Image-Schaden für den Verein zu erkennen. Gewiss, der Ruf des Vereins ist schon gründlich ruiniert. Ziemlich viel schwarzer Humor für ein Arbeitsgericht.

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