Chinas Entwicklungsbank für Asien: Grüne Rhetorik, dreckige Praxis

Studien bescheinigen der von China gegründeten Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) niedrige Standards bei Großprojekten.

Jin Liqun sitzt auf einem Podium und hält sich ein Auge zu

Jin Liqun, chinesischer Präsident der multilateralen AIIB, kann über Kredite bis 100 Millionen Euro allein entscheiden Foto: imago/VCG

BERLIN taz | Die von China geführte Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) mit Sitz in Peking hat niedrigere Transparenz-, Umwelt- und Sozialstandards als andere internationale Entwicklungsbanken. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Studien, die Montagabend in der Heinrich Böll Stiftung in Berlin vorgestellt wurden.

Bei der Gründung der Bank 2015 hatte der Bundestag Deutschlands Beteiligung als viertgrößter Anteilseigner im Glauben zugestimmt, so leichter hohe Standards durchsetzen zu können. Doch die vom Bundestag formulierten Bedingungen erfüllt die AIIB laut Korinna Horta, Expertin für multilaterale Banken, bisher nicht.

„Die Standards klingen meist gut, bei genauerem Hinsehen enthalten sie aber große Lücken und sind in vielen Fällen nicht verpflichtend“, sagte Horta, Autorin einer Studie, die die Böll-Stiftung und die Organisation Urgewald durchführte.

In einer ersten Phase „strategischer Zurückhaltung“ habe die AIIB vor allem Projekte anderer Entwicklungsbanken wie der Weltbank oder der von Japan geführten Asian Development Bank kofinanziert und sich nach deren Standards gerichtet.

Beruhigung pontenzieller Kreditnehmer

Doch inzwischen finanziere die AIIB Projekte auch allein und möchte offenbar „potenziellen Kreditnehmern signalisieren, dass sie sich keine Sorgen um allzu großen Schutz von Umwelt und Menschenrechten zu machen brauchen“, so Horta.

Deutschland habe mit seiner Beteiligung der AIIB vor allem Reputation verschafft und damit zu deren AAA-Bonität beigetragen, meint Horta. Doch habe Berlin in der Praxis keinen Einfluss auf die Kreditvergabe der Bank.

Bei Projekten der Privatwirtschaft entscheide der chinesische AIIB-Präsident Jin Liqun bis zum Umfang von 100 Mil­lionen Dollar allein, bei öffentlichen Projekten bis 200 Millionen Dollar. Unklar sei, wieweit Verwaltungsratsmitglieder überhaupt informiert würden.

Horta nannte ein Beispiel, dass bei einem Projekt zur Umstellung der Eneergieversorgung von 520 Dörfern bei Peking von Kohle auf Gas das Direktorium mit dem Verweis, es handle sich um ein privatwirtschaftliches Projekt, nicht einmal über dessen genauen Standort informiert wurden. Wie soll dann überprüft werden, ob die Bevölkerung konsultiert worden sei?

Eine zweite Studie, die von mehreren Nichtregierungsorganisationen, darunter Germanwatch, durchgeführt wurde, untersuchte das Versprechen der Bank, Projekte im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen zu fördern. Doch: „Öl- und Kohlekraftwerke werden von Investitionen nicht ausgeschlossen“, kritisiert die Studie.

AIIB hält ihre Versprechen nicht

Auch fehlten Emissions- und Klimavorgaben. Einer der Autoren, Thomas Hirsch von der Organisation Climate & Development Advice, sagte: „Andere multilaterale Entwicklungsbanken setzen ihre Klimaversprechen besser um.“ Die Performance der AIIB bleibe hinter ihren eigenen Versprechen zurück.

Bei der Diskussion der Studien wiederholte Elke Baumann vom Finanzministerium das Argument, dass es für die Umwelt besser sei, wenn Deutschland und andere westliche Länder bei der AIIB mitmachten, als wenn sie wie die USA und Japan draußen geblieben wären. Auf die Frage nach einem Beispiel, was Deutschlands denn konkret bei der AIIB erreicht habe, musste sie indes passen.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz, Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss, bezeichnete die deutsche Beteiligung an der AIIB als Fehler. Es wäre besser gewesen, hohe Standards zur Vorbedingung zu machen.

Die AIIB nahm im Januar 2016 ihren Geschäftsbetrieb auf. Sie hat inzwischen 93 Mitgliedsstaaten und 36 Projekte finanziert. Mit der Gründung der Bank hatte die chinesische Regierung auf einen von den USA vereitelten Versuch Chinas reagiert, den chinesischen Anteil an der von Washington dominierten Weltbank zu erhöhen. Dort haben die USA seit Gründung der Weltbank ein Vetorecht.

Die AIIB gilt heute auch als „Seidenstraßenbank“, denn über sie dürfte die Volksrepublik künftig versuchen, einen Großteil ihrer „neuen Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative – BRI) zu finanzieren. Daran sind bisher vor allem Chinas Staatsbanken beteiligt, die noch viel weniger transparent sind als die AIIB und sich erst recht keinen internationalen Standards verpflichtet fühlen.

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