Christopher-Street-Day in Köln: Der Kampf geht weiter

Der Christopher-Street-Day ist wieder eine riesige Party – und eine Demo. Alle freuen sich über die „Ehe für alle“, doch: Es gibt noch viel zu tun.

Zwei Personen in bunten Kostümen und mit Regenbogenfahne

CSD – für viele Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle ein wichtiger Feiertag Foto: dpa

KÖLN dpa | „Das ist ja besser als Karneval hier“, sagen viele über den Kölner Christopher-Street-Day (CSD), meist zufällig vorbeikommende Heterosexuelle. Denn der CSD ist mehr als eine politische Demonstration, er ist kommerzielles Straßenfest, Veranstaltungsreihe, Besuchermagnet, Party – der CSD in Europa. Und für viele Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle ein wichtiger Feiertag. Während des CSDs dürfen sie so sein wie sie wollen. Gerade Angehörige älterer Generationen mussten sich lange verstecken und verleugnen. Beim CSD feiern Menschen, dass sie sichtbar sein können.

Mit der Rehabilitierung von schwulen Männern, die einst wegen des Paragrafen 175 verurteilt wurden, und der Öffnung der Ehe für Homosexuelle gibt es in diesem Jahr besonders viel zu feiern. Das tun auch Petra Fischer, 40, und ihre ein Jahr ältere Partnerin Cordula Moers. Gemeinsam mit ihrer vierjährigen Tochter Lucie sitzen sie am Sonntagmittag auf einer Wiese, um wie die vielen anderen Besucher der Parade zuzuschauen. Seit der Öffnung der Ehe überlegen sie, gleichzeitig mit drei weiteren lesbischen Paaren zu heiraten. „Da wollen wir auf jeden Fall eine große Party feiern“, sagt Fischer. Und das Paar überlegt, noch ein Kind zu adoptieren.

„Jetzt dürfen Homosexuelle heiraten, was wollen sie denn noch?“, wird sich manch einer aus der Mehrheitsgesellschaft fragen. „Wenn man als Mann ein Kleid anzieht und auf die Straße geht, merkt man schnell, wo die Probleme sind“, sagt die Dragqueen Anna Bolikha, die aus Mainz zum CSD nach Köln gekommen ist. Sie trägt Bart, eine Blume in der schwarzen, langen Perücke und orange-glitzernden Nagellack. „Da sind verbale Übergriffe noch das geringste Übel, das einem entgegenkommt.“ Erst in der Nacht der Eheöffnung seien Freunden Glasflaschen hinterhergeworfen worden.

Diskriminierungen, körperliche wie verbale Gewalt und Klischees sind immer noch weit verbreitet. Das weiß auch Jürgen Piger, der im „Anyway“ als Pädagoge arbeitet. Das „Anyway“ ist ein Kölner Jugendzentrum speziell für lesbische, schwule, bi-, inter-, und transsexuelle Jugendliche. Er wünscht sich mehr Aufklärungsarbeit an Schulen. „Es braucht Begegnungen, um Vorurteile abzubauen“, sagt er. „Nur so lernen die heterosexuellen Jugendlichen, dass eine lesbische oder transsexuelle Mitschülerin ganz normal ist.“

Skyler Rösing, 17, musste erleben, dass genau das häufig nicht der Fall ist. Er ist Transmann, also in einem weiblichem Körper geboren. Er möchte bald mit einer Hormontherapie beginnen. „Manche Lehrer weigern sich, meinen neuen Namen zu benutzen“, sagt der Kölner, der zum dritten Mal beim CSD dabei ist. Und auch, was Gesetze angeht, sieht der Schüler Nachholbedarf in Deutschland. „Bei der Namens- und Personenstandsänderung werden einem viele Stolpersteine in den Weg gelegt.“ Das Verfahren sei teuer und sehr bürokratisch, kritisiert er. Außerdem sind geschlechtsneutrale Namen nicht erlaubt. Wer etwa Kim heißt, benötigt auf jeden Fall einen geschlechtlich eindeutigen Zweitnamen.

Das alles sollte sich ändern, findet der 17-Jährige. Und deshalb geht er beim Christopher-Street-Day auf die Straße – wie etwa 30.000 weitere Demonstranten.

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