Commonwealth-Gipfel in Sri Lanka: Keine Worte über Menschenrechte

Sri Lankas Präsident will beim Commonwealth-Gipfel nicht über Kriegsverbrechen aus dem Bürgerkrieg sprechen. Einige Staatschefs bleiben deshalb fern.

Präsident mit weißer Weste: Mahinda Rajapaksa. Bild: dpa

BANGKOK taz | An diesem Freitag beginnt in Sri Lankas Hauptstadt Colombo der dreitägige Gipfel der Regierungschefs der Commonwealth-Staaten, der alle zwei Jahre stattfindet. Dabei gab es schon im Vorfeld Streit. Denn die Regierungschefs von Mauritius, Indien und Kanada boykottieren das Treffen wegen der problematischen Menschenrechtslage im Gastgeberland. Auch der Vorwurf von Kriegsverbrechen durch Regierungstruppen in der Endphase des beinahe drei Jahrzehnte dauernden Bürgerkriegs 2009 belastet den Gipfel der britischen Exkolonien.

Keheliya Rambukwella, Minister für Massenmedien und Kommunikation, warnte Großbritanniens Premier David Cameron in scharfen Worten davor, jetzt Sri Lankas Menschenrechtslage zu thematisieren: „Die Einladung von Premierminister Cameron ist nicht auf dieser Basis erfolgt. Wir sind eine souveräne Nation.“ Sri Lanka sei keine Kolonie, fügte der Minister hinzu.

Präsident Mahinda Rajapaksa erklärte am Donnerstag, sein Land habe „nichts zu verbergen“. Sri Lanka habe mit dem Sieg über die Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) ein jahrzehntelanges Töten beendet.

Das Commonwealth of Nations entstand 1931 als Staatenbund von Großbritannien mit ehemaligen Kolonien. Seit dem Ende des britischen Kolonialreichs vereint es prinzipiell alle ehemaligen Teile des Empire, hat sich davon aber zunehmend entfernt: Manche Exkolonien wie Birma, Irland oder Sudan gehören nicht dazu, manche nie britisch regierten Staaten wie Mosambik, Namibia und Ruanda kamen dazu. Die größten Mitglieder neben Großbritannien sind Indien und Nigeria. Heute hat das Commonwealth 53 Mitglieder mit einem Viertel der Weltbevölkerung und sieht sich als Wertegemeinschaft. (d.j.)

In Wirklichkeit verhindern Sri Lankas Behörden seit Jahren alle Versuche aus dem Ausland, den Vorwürfen nachzugehen. Diese wiegen schwer: Rajapaksa rüstete nach seinem Wahlsieg 2005 das sri-lankische Militär mit massiver Unterstützung aus China auf. 2008 marschierten Regierungstruppen in die Gebiete im Norden des Landes ein, die jahrzehntelang unter der Kontrolle der LTTE standen.

Brutale Rebellen, brutales Militär

Die Gruppe von Rebellenchef Velupillai Prabhakaran war eine rücksichtslose und und äußert brutale Guerillaorganisation. Ihre Kämpfer masskrierten zur Abschreckung häufig gefangene Regierungssoldaten. Die LTTE setzte auch systematisch Kindersoldaten ein und war eine der weltweit ersten Gruppen, die mit Selbstmordattentätern operierte. Entsprechend brutal rächten sich Regierungssoldaten an LTTE-Kämpfern, die sie bei ihrer Offensive gefangennahmen.

Sri Lankas Regierung spricht hier von „Einzelfällen“. Doch geht das, was sich in den letzten Kriegswochen im April und Mai 2009 abspielte, weit über Einzelfälle hinaus. Videoaufnahmen und Aussagen Überlebender deuten darauf hin, dass die Armee gezielt Gebiete mit Artillerie beschossen hat, von denen bekannt war, dass sich dort viele tamilische Zivilisten aufhielten. So wurden in mehr als 60 Fällen Krankenhäuser von der Armee beschossen. Nach UNO-Schätzungen wurden allein in den letzten Kriegswochen mindestens 40.000 Zivilisten getötet.

Seit dem Ende des Konflikts sind zahlreiche drastische Videos aufgetaucht, die offenbar sri-lankische Soldaten selbst mit ihren Handys aufgenommen hatten. Darin sind Exekutionen gefesselter Männer zu sehen, bei denen es sich vermutlich um gefangene LTTE-Kämpfer handelte. Experten haben die Videos, die dem britischen Sender Channel 4 zugespielt wurden, im Auftrag der Vereinten Nationen untersucht und für echt befunden. Sri Lankas Regierung bestreitet die Echtheit der Videos.

„Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt“

Seit Kriegsende gibt es zudem zahlreiche Vorwürfe von Entführungen, außergerichtlichen Tötungen und Angriffen auf Regierungskritiker und Journalisten. Zigtausende Soldaten sind weiterhin im Norden des Landes stationiert. Dortige Bewohner klagen über Enteignungen und Gängelungen.

Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay besuchte Sri Lanka im August, um den Vorwürfen nachzugehen. Danach warf sie der Regierung Autoritarismus vor und kritisierte, dass Freiheits- und Menschenrechte beschnitten würden. „Der Krieg mag vorbei sein“, sagte Pillay nach ihrem Besuch. „Aber in der Zwischenzeit sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt worden.“

Die Regierung warf ihr darauf „Einmischung“ vor und dass sie ihr Mandat überschritten habe. Verteidigungsminister Gotabaya Rajapaksa, einer der Brüder des Präsidenten, erklärte vor Anhängern, Pillay habe verlangt, die Statue von Sri Lankas erstem Premierminister von einem Platz in Colombo zu entfernen. Pillay dementierte.

Für die Zeit des Gipfels hat die Regierung jetzt in Colombo ein Demonstrationsverbot verhängt. Von der Opposition geplante Proteste könnten ein Sicherheitsrisiko für die Gäste darstellen, so die Begründung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.