Corona-Krise in China: Kampagne gegen Ausländer

In der Corona-Krise hat in China die Diskriminierung von Ausländern stark zugenommen. Die Regierung schürt Furcht vor „importierten Virusfällen“.

Frau mit Mundschutz zwischen Kirschblüten.

Kirschblüte als Touristenattraktion in einem Park in Peking Foto: Ng Han Guan/ap

PEKING taz | Das El Nido im Zentrum Pekings ist eine der Bars, die vorwiegend gut betuchte Expats aufsuchen: In einem traditionellen Hutong-Wohnhaus gelegen werden hier koreanisch inspirierte Tacos und lokal gebrautes IPA-Bier serviert. Seit einigen Tagen jedoch warnt ein Zettel Besucher am Eingang: „Leider sind wir angewiesen worden, unseren Betrieb nur dann weiterführen, wenn wir keine nichtchinesischen Kunden akzeptieren.“

Einer der Betreiber, selbst kanadischer Staatsbürger, versucht sich zu rechtfertigen: „Es gibt sehr viele Sicherheitschecks in unserem Viertel, und natürlich ist die Situation generell sehr angespannt.“ Es gebe keine offizielle Anweisung, Ausländer abzuweisen, doch Nachbarschaftskomitees und Wachmänner stünden unter Druck, die Order umzusetzen und möglichst keinen Ärger zu bereiten.

Die sozialen Medien sind derzeit voll von Berichten ausländischer Bewohner, die in Supermärkten abgewiesen und auf der Straße angepöbelt werden oder um die auf Gehsteigen ein Bogen gemacht wird. Hotels, Friseursalons und selbst Wohnanlagen sprachen Verbote für ausländische Gäste aus.

Schon Mitte März schrieb die deutsche Botschaft in Peking in einer Rundmail: „Wir hören zudem, dass immer häufiger ausländische Personen nach ihrem Einreisedatum nach China gefragt werden. […] Bitte tragen Sie deshalb Ihren Reisepass bei sich.“

Angst vor „zweiter Viruswelle“

Chinas Behörden fürchten eine zweite Viruswelle, die womöglich von importierten Fällen aus dem Ausland befeuert wird. Am Mittwoch nannte die Nationale Gesundheitskommission die neuesten Zahlen: 36 Neuinfektionen, davon 35 von Einreisenden.

Am letzten Freitag hat China seine Grenzen dichtgemacht, wobei zuvor schon die meisten internationalen Flugrouten gestrichen wurden. Die meisten Ausländer mit Sitz in China, die gerade außer Landes waren, konnten nicht mehr zurrück. Dabei ist die radikale Abschottung populistisch. Denn bis zu 90 Prozent aller importierten Fälle stammen von chinesischen Staatsbürgern, die der Einreisestopp nicht betrifft.

Das Virus politisiert

Doch das Narrativ, das die Virusgefahr von Ausländern stammt, ist der Zentralregierung eine willkommene Ablenkung vom anfänglich eigenen Vertuschen der Virengefahr. „Es ist natürlich nicht so, dass jeder Ausländer hier angegriffen wird. Das wäre eine deutliche Übertreibung“, sagt Anthony Tao vom Online-Medium Sup China: „Aber es gab in letzter Zeit so viel mehr Fälle von Diskriminierung, dass wir die nicht einfach als unerheblich abtun sollten.“

Er hoffe zwar, dass die neue Xenophobie spätestens mit dem Ende der Pandemie auch verschwinden wird. Aber: „Ich habe natürlich Gründe, skeptisch zu sein.“ Vor allem seit die USA und China das Virus derart politisiert haben. So sprach US-Präsident Donald Trump mehrfach vom „Chinavirus“ und Pekinger Diplomaten verbreiteten krude Verschwörungstheorien, dass möglicherweise das US-Militär das Virus nach China gebracht habe.

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