Corona-Wirtschaftshilfen in Europa: Warten auf Gaben

Die Finanzminister der Eurozone beraten, wie man die Coronakrise abfedern kann. Ein Überblick über bestehende und mögliche Hilfsmaßnahmen.

Menschen stehen mit leeren Einkaufswagen in einer warteschlange und haben regenschirme aufgespannt

Abwarten, was alles reinpasst: Schlange vor einem Supermarkt auf Sizilien Foto: Antonio Parrinello/reuters

BERLIN taz | Die Coronakrise wird teuer. Die staatlichen Hilfspakete dürften sich allein in Deutschland auf knapp 1,2 Billionen Euro summieren, wie das Finanzministerium jetzt schätzt. Trotzdem hat die Bundesrepublik keine Mühe, neue Kredite auf den Finanzmärkten aufzunehmen. Am Montag wurden zehnjährige deutsche Staatsanleihen zu einem Zinssatz von –0,4 Prozent gehandelt. Finanzminister Scholz bekommt also noch Geld geschenkt, wenn er Kredite aufnimmt.

Andere EU-Staaten sind deutlich schlechter dran. So muss Italien für einen 10-jährigen Kredit derzeit 1,5 Prozent an Zinsen aufbringen – obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) bereits eingreift, um die italienischen Zinsen nach unten zu drücken. Die Finanzminister der Eurozone beraten daher am Dienstag, wie sie die Coronakrise abfedern könnten.

Schon laufende EZB-Intervention

Die Coronakrise hätte sich schon längst in eine schwere Eurokrise verwandelt, wenn die EZB nicht eingegriffen hätte. Am 18. März kündigte sie an, dass sie bis zum Jahresende weitere 750 Milliarden Euro ausgeben werde, um die Anleihen von Unternehmen und Staaten in der Eurozone aufzukaufen. Bei Bedarf kann noch mehr Geld in dieses „Pandemic Emergency Purchase Programme“ fließen.

Theoretisch wäre es möglich, ganz auf die EZB zu vertrauen und darauf, dass sie die Zinsen für einzelne Euroländer drücken wird. Doch dann müsste die EZB ständig neue Anleihen aufkaufen, sodass ihre Bilanz immer weiter anschwölle. Neun Euroländer unter Frankreichs Führung haben daher vorgeschlagen, Coronabonds auszugeben.

Coronabonds

Coronabonds wären Staatsanleihen, die die Euroländer gemeinsam ausgeben. Das Geld würde in einen besonderen Coronafonds fließen, der die Mittel dann an hart getroffene Länder weiterreichte. Der Vorteil: Die Zinsen für die Coronabonds dürften sehr niedrig liegen, weil sie durch die Wirtschaftskraft der gesamten Eurozone gedeckt sind.

Für Coronabonds setzen sich auch neoliberale Ökonomen ein. Der Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, forderte zudem, dass das Volumen der Coronabonds glaubwürdig sein müsse: „Es geht nicht um 100 Milliarden, sondern schon um 1.000 Milliarden.“

Deutschland, Finnland, die Niederlande und Österreich lehnen Coronabonds hingegen ab, weil sie eine gemeinsame Haftung fürchten. Die Bundesregierung favorisiert drei andere Maßnahmen: den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), Kredite der Europäischen Investitionsbank sowie ein europäisches Kurzarbeitergeld.

Europäischer ­Stabilitätsmechanismus

Der ESM ist einer der „Rettungsschirme“ aus der Eurokrise und wurde 2012 gegründet. Auch er finanziert sich letztlich durch Eurobonds. Allerdings ist der Rahmen begrenzt. Wie SPD-Justizminister Heiko Maas und SPD-Finanzminister Olaf Scholz am Montag vorrechneten, könnte Italien bis zu 39 Milliarden Euro aus dem ESM erhalten; bei Spanien wären es 28 Milliarden.

Beide Länder haben ESM-Mittel bisher abgelehnt, weil sie das Stigma fürchteten, unter einen „Rettungsschirm“ flüchten zu müssen. Maas und Scholz versicherten aber, dass es diesmal „keine Troika, keine Kontrolleure, keine Kommission“ geben würde.

Europäische Investitionsbank

Im Umfang von 50 Milliarden Euro soll sie Bürgschaften an kleine und mittelständische Unternehmen in den Krisenländern ausreichen.

Europäisches Kurzarbeitergeld

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein Programm namens „Sure“ vorgeschlagen: Die EU soll Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro aufnehmen. Zu einem niedrigen Zins würden diese Mittel dann als europäisches Kurzarbeitergeld an notleidende EU-Länder weitergereicht.

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