Corona in China: Panik vor zweiter Welle in Wuhan

Einen Monat lang gab es offiziell keine neuen Corona-Fälle, nun bestätigt Wuhan sechs Infizierte – und lässt alle 11 Millionen Einwohner testen.

Massentest auf Sars-CoV-2 in Wuhan Foto: reuters

PEKING taz | Wie ernst die chinesische Regierung die Gefahr einer zweiten Infektionswelle nimmt, dürfte spätestens seit Montag unbestritten sein: Nachdem in Wuhan lediglich sechs Anwohner eines Wohnblocks positiv auf das Coronavirus getestet wurden, planen die lokalen Behörden nun, jeden der 11 Millionen Einwohner aus dem einstigen Covid-19-Epizentrum testen zu lassen.

Ohne Frage ist dies auch eine Machtdemonstration Pekings, schließlich leiden viele Länder weltweit dieser Tage an einem Mangel an Test-Kits. „Wir dürfen weder nachlässig noch lax sein“, zitiert die Wuhaner Tageszeitung Changjiang einen örtlichen Parteikader.

Nachdem einen Monat lang keine einzige neue Infektion gemeldet wurde, kam es nun wieder zu einem Infektionsstrang in der Provinzhauptstadt Hubeis: Ein 89-jähriger Mann hatte bereits Mitte März Fiebersymptome gezeigt, sich aber in Heimquarantäne wieder erholt. Knapp zwei Monate später wurde er nun positiv getestet.

Laut dem chinesischen Zentrum für Seuchenbekämpfung soll es in Wuhan mehrere solcher Fälle gegeben haben, bei denen das Virus auch nach langer Zeit noch einmal aufflackert. Bei den übrigen fünf Infizierten handelt es sich um Patienten ohne Symptome. Sie leben allesamt ausgerechnet in jener Wohnsiedlung, die Präsident Xi Jinping bei seinem ersten Wuhan-Trip im März besuchte, um einen symbolischen Meilenstein auf dem Weg zur Normalität zu setzen.

Ausbruch um jeden Preis verhindern

In anderen Ländern hätten es die Behörden wohl dabei belassen, lediglich die 5.000 Anwohner der Apartmentsiedlung testen zu lassen. Doch in Wuhan ordnete die Regierung an, jedem Bezirk zehn Tage Zeit zu geben, um seine Bevölkerung vollständig mit einem Virustest zu überprüfen. Priorität sollen laut einem von Staatsmedien in Umlauf gebrachten Regierungsdokument Risikogruppen wie Senioren oder Arbeitsmigranten in engen Behausungen haben. Die Kosten der Tests werden vom Staat getragen.

Auch wenn in den letzten zwei Wochen insgesamt sieben Provinzen Neuinfektionen gemeldet haben, kann man dennoch aufgrund der absolut geringen Anzahl an Neuinfektionen nicht von einer zweiten Welle sprechen.

Am ehesten ist der Norden des Landes gefährdet: Am Sonntag wurde eine Grenzstadt, welche im Länderdreieck zu Russland und Nordkorea liegt, nach mehreren Fällen zum Hochrisikogebiet erklärt – dem derzeit einzigen im Land. Laut Staatsmedien wurden in Shulan sämtliche Sport­einrichtungen, Kinos und Bibliotheken geschlossen und die 670.000 Bewohner bis auf wenige Ausnahmen in Heimquarantäne geschickt.

Die strengen Maßnahmen der nervösen Behörden haben einen einfachen Grund: In rund zehn Tagen wird der Nationale Volkskongress in Peking stattfinden, eine der wichtigsten politischen Veranstaltungen des Landes, bei der rund 3.000 Politiker und viele weitere tausend Wirtschaftsleute und Journalisten aus allen Provinzen in die Hauptstadt strömen.

Bei jener symbolischen Tagung des chinesischen Parlaments wird die Kommunistische Partei – wohl in vorsichtigen Worten – den Sieg über das Virus verkünden und den Fokus auf die Ankurbelung der Wirtschaft legen. Als ersten Beweis für die Normalität feierten Staatsmedien am Montag bereits die Wiedereröffnung des Vergnügungsparks „Disney Land“ in Schanghai.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.