Countdown in Durban: Drei Tage für zwei Grad Celsius

Bei der Klimakonferenz in Südafrika naht die Entscheidung. China und die EU könnten voran gehen - oder nicht. Die aktuellen Verhandlungen bieten genug Stolpersteine.

Aktivisten tragen Masken, die EU-Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso (l.) und Kanadas Premierminister Stephen Harper (r.) zeigen - am Zügel der Wirtschaft. Bild: dapd

DURBAN taz | Ein Wohlfühltermin mit Kindern, Fahnen und Beifall: Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) unterzeichnete am Dienstag einen Vertrag, der den Staaten Mali und Grenada 15 Millionen Euro Hilfe für die Anpassung im Klimawandel zusichert.

Es war ein Fototermin, aber es war auch viel mehr: Das aktive Werben um Unterstützer für die europäische Haltung in den Verhandlungen auf der Klimakonferenz. Mali und Grenada gehören zu den ärmsten und verwundbarsten Ländern und sind in der Gruppe der "G77 und China" organisiert.

Und auf die, vor allem auf China, will die EU Druck machen, sich weiter zu bewegen. Die Minister absolvierten am Dienstag und Mittwoch ihre obligatorischen Reden, aber hinter den Kulissen hat das entscheidende Tauziehen begonnen.

Am Mittwoch legte die südafrikanische Präsidentschaft einen Text vor, der nun die Verhandlungsgrundlage bietet: 138 Seiten voller Klammern und Optionen, aus denen eine Entscheidung entstehen soll. "Die Verhandler haben noch drei Tage, um das zwei-Grad-Ziel zu retten", sagte am Mittwoch Srinivas Khrishnaswamy von der Klimagruppe CAN South Asia.

Wer sich zu früh freut...

Röttgen dämpft die Erwartungen: Die Ankündigung des chinesischen Verhandlungsführer Xie Zhenhua von Montag, nach denen China sich eine rechtliche verbindliche Zusage zum Klimaschutz vorstellen könne, sei noch nicht als Schritt vorwärts zu verstehen. Das Land müsse klar sagen, dass es sich international verpflichten wolle. China verhandle "klug und hart" und das gleiche müsse die EU machen: "Wer sich zu früh freut, der kann hinterher keine Forderungen mehr stellen."

Trotz aller internationalen und zweiseitigen Sondierungen und Gespräche zeichnet sich ein Muster ab: Wirklich entscheidend für einen möglichen Kompromiss sind vor allem die EU (plus Australien, Schweiz, Norwegen) auf der einen und China auf der anderen Seite. Sie könnten einen Deal eingehen: eine zweite Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls und die Etablierung des Grünen Klimafonds ("damit sieht es gut aus", so Röttgen) gegen eine verbindliche Zusicherung Chinas, ab 2020 beim Klimaschutz mitzumachen.

Die USA haben klar gemacht, dass sie in Durban nichts zusagen werden und auch vor 2020 nicht an Bord kommen wollen. Die ärmsten Länder, die Afrikaner und die Inselstaatengruppe AOSIS machen Druck auf China, einem Abkommen zuzustimmen. Und die entscheidende BASIC-Gruppe (Brasilien, Südafrika, Indien, China) betont zwar demonstrativ, es gebe zwischen ihnen keine Interessenunterschiede.

Doch in den Gerüchteküchen des Konferenzzentrums wird darüber anders geurteilt: Brasilien steht wegen seines laschen Waldgesetztes unter Druck, sich grün zu zeigen; Südafrika als Gastland will einen Erfolg der Konferenz; China "will dringend einen Abschluss", sagen chinesische Beobachter.

Konferenzchampion gesucht

Nur Indien hat lautstark gegen einen Deal gewettert, der die USA nicht einschließt und wirft der EU vor, die Einbeziehung des internationalen Luftverkehrs in den Emissionshandel blockiere eine Einigung. "Das ist für Europa nicht verhandelbar", sagt wiederum Röttgen.

Die Verhandlungen bieten also genug Stolpersteine: Akzeptiert China eine Verpflichtung ohne die USA? Muss erst die EU eine Verlängerung des Kioto-Protokolls vorlegen oder erst China sich bewegen? Schert China aus der BASIC-Front aus oder bleibt Indien als Verweigerer übrig?

Jetzt sei es an der Zeit für einzelne Staaten, Verantwortung zu übernehmen, monieren die Umweltgruppen. "Die Konferenz sucht immer noch einen Champion", sagt Tove Ryding von Greenpeace.

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