Crowdfunding als Wirtschaftsfaktor: Briten sind Europameister

Statt auf Bankenkredite setzen immer mehr Firmen auf Crowdfunding. Der größte Teil des Umsatzes wird in Großbritannien gemacht.

Statt hier nach Krediten zu fragen, kann man es auch mit Crowdfunding versuchen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Schwarmfinanzierung boomt in Europa. Das zeigt eine neue Studie der Universität Cambridge und des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young. Fast drei Milliarden Euro setzten die 255 europäischen Crowdfunding-Plattformen 2014 um, das sind 144 Prozent mehr als 2013. Für das laufende Jahr sagen die Autoren ein Volumen von sieben Milliarden Euro voraus – vorausgesetzt, die Branche wächst so stark weiter wie bisher.

Das Crowdfunding, also das Kapitalsammeln aus vielen kleinen Beiträgen, ist die Grundidee des alternativen Finanzmarktes. Auf Online-Plattformen im Netz können Start-ups oder Kreative Spenden sammeln, Produkte vorfinanzieren, Privatkredite aufnehmen oder verzinste Anteile an ihrem Unternehmen anbieten. Das ist meist günstiger als ein klassischer Bankkredit und vor allem für Unternehmensgründer auch wesentlich leichter zu bekommen.

Mit dem Beginn der Finanzkrise 2008 habe sich der alternative Online-Finanzmarkt europaweit herausgebildet, heißt es in der Studie. Hintergrund sei, dass europäische Geldhäuser bei Krediten vorsichtiger würden. 2013 vergaben sie 4,4 Prozent oder 232 Millionen Euro weniger an Darlehen für Unternehmen. Das ist ungefähr so viel, wie sich nichtbritische Start-ups 2014 durch Privatkredite im Internet liehen. Der Markt wachse vor allem im Bereich der Privatkredite und der Unternehmensbeteiligung.

Am meisten Geld spenden, verleihen und investieren die Briten für und in innovative Geschäftsideen. Drei Viertel des europäischen Crowdfunding-Volumens wird im Vereinigten Königreich umgesetzt – 2014 umgerechnet insgesamt 2,3 Milliarden Euro. Finanziert wurden damit rund 7.000 Start-ups. „Die anglikanische Rechtsordnung begünstigt die Investitionsfreudigkeit“, erklärt Michael Nietzsch von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht Wiesbaden. „Britische Unternehmer haben eine geringere Prospekthaftung und eine höhere Rechtssicherheit als etwa deutsche.“

Steuerliche Vergünstigungen

Aber auch die Kleinanleger sind in Großbritannien besser abgesichert: Die Plattformen, über die sich die Start-ups Geld borgen, müssen den Anlegern im Falle eines Bankrotts ihr Geld zurückzahlen. 2014 hat die britische Regierung angekündigt, Privatkredite für Unternehmen auch steuerlich zu begünstigen.

„Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen unterstützen Großbritannien, Frankreich oder die Niederlande den Online-Marktplatz wesentlich stärker als andere Länder“, sagt Karsten Wenzlaff vom German Crowdfunding Network, einem von 14 nationalen Branchenverbänden, die ihre Daten für die Studie zur Verfügung stellten.

In Deutschland fürchtet die Branche dagegen einen Wachstumseinbruch durch das geplante Kleinanlegerschutzgesetz, das für Start-ups sowie Unterstützer auch mehr bürokratischen Aufwand bedeutet.

Die Studie nennt Deutschland mit 140 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr hinter Frankreich (154 Millionen) zwar als Land mit dem drittgrößten Crowdfunding-Aufkommen. Der Anteil des alternativen Finanzmarkts an der Kapitalbeschaffung ist mit 1,8 Prozent jedoch sehr gering. Im Pro-Kopf-Vergleich investieren auch Esten, Schweden, Niederländer, Finnen und Isländer mehr Geld auf den Plattformen.

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