DFB-Pokal-Halbfinale: Fast schon keck

Beim Pokalhalbfinale gegen den FC Bayern soll in Bremen mal wieder das große Werder-Gefühl aktiviert werden. Fans und Team sind gut vorbereitet.

Zwei Fußballspieler vom FC Bayern München und SV Werder Bremenin Aktion

In der Liga gewann der FC Bayern zuletzt mit 1:0 gegen Werder Foto: ap

BREMEN taz | An Klaus-Dieter Fischer kommt niemand vorbei, der für den SV Werder Bremen tätig sein will, heißt es. Und das ist mehr als eine Legende. Der Ehrenpräsident, der mehr als die Hälfte von 120 Jahren Vereinsgeschichte im Präsidium, Vorstand und am Ende in der Geschäftsführung gestaltet hat, ist bis heute gefragt, wenn es darum geht, neuen Mitarbeitern den Verein näher zu bringen. Der 78-Jährige zeigt dafür gerne ein Video: Der Mannschaftsbus fährt darin die Rampe vom Osterdeich runter und taucht ein in ein grün-weißes Menschenmeer. Fischer fragt dann: „Na, bei welchem Titelgewinn war das wohl?“

Dabei dokumentiert die Sequenz den Vorlauf zum Klassenerhalt am 14. Mai 2016, als sich Werder durch ein 1:0 gegen Eintracht Frankfurt auf den allerletzten Drücker in der Bundesliga hielt. „Green-White-Wonderwall“ nannte sich die Aktion. Sie macht anschaulich, wie Verein und Stadt zur emotionalen Schicksalsgemeinschaft verschmelzen können. Geht es Werder gut, fühlt sich der Bremer besser.

Der 24. April 2019 soll an die Stimmung an diesem Tag anknüpfen. Vor dem DFB-Pokalhalbfinale zwischen dem SV Werder und dem FC Bayern am Mittwoch (20.45 Uhr, ARD) soll es ähnlich zugehen. Häuser sollen geschmückt werden, Fahnen gehisst – und Fans wollen wieder den Bus bei der Anfahrt ins Stadion begleiten.

Werder-Coach Florian Kohfeldt saß damals als Co-Trainer mit im Gefährt – sieht aber einen entscheidenden Unterschied. „Damals fand ich das überragend, aber es war der pure Existenzkampf. Jetzt haben wir eine andere Situation.“ Denn es ist Pokal. Kohfeldt: „Jeder wird etwas zu verlieren haben. Vor allem aber die Bayern. Und dieses Gefühl, das wir etwas zu gewinnen haben, müssen wir nutzen.“

Nuri Şahin gesperrt

Der Cheftrainer hat zusammen mit Geschäftsführer Frank Baumann dem wichtigsten Werbeträger Bremens wieder ein Stück der alten Identität zurückgegeben. Die Zuwendung für Werder hat eher noch zugenommen, auch wenn die großen Erfolge lange her sind. Aber in Bremen wissen sie genau, dass aus dem in vielerlei Hinsicht benachteiligten, weil wirtschaftsschwächeren Standort keine sportliche Wunderdinge für den Alltag abzuleiten sind. Dort, wo die Weser einen Bogen macht, reichen auch kleine Ausrufezeichen. Bremische Genügsamkeit.

Wenn Baumann wie am Dienstag sagt: „Wir sind wieder deutlich näher an die Bayern rangerückt“, klingt das fast schon keck. Noch gibt es für die Bremer jedoch zwei Wege, die erste Europapokalteilnahme seit fast zehn Jahren zu erreichen. Kohfeldt nennt es folglich das wichtigste Spiel der Vereinsgeschichte seit sechs Jahren. Und er glaubt: „Es muss viel zusammenkommen, aber es kann klappen.“ Der mit dem Trainerpreis des deutschen Fußballs ausgezeichnete Sympathieträger Kohfeldt hat trotz der ­0:1-Niederlage aus dem Bundesligaspiel am Samstag genug positive Ansätze erkannt. „Wir müssen es nur besser machen, wenn wir den Ball haben.“ Zu Kohfeldts Markenkern gehört ja auch der offensivere, der aktivere Ansatz.

Bremens Manager Frank Baumann

„Wir sind wieder deutlich näher an die Bayern rangerückt“

Nuri Şahin kann dabei nicht mitwirken, er ist gesperrt. Auch das Mitwirken von Max Kruse nach einem Tritt von Joshua Kimmich ist immer noch nicht sicher. „Es wird knapp. Den Schmerz wird er aushalten, aber es geht darum, dass er vernünftig laufen und schießen kann“, erklärt Kohfeldt, der beim 31-jährigen Kapitän erst nach einem Belastungstest am Spieltag entscheiden will, ob er ihn auflaufen lässt. „Auch wenn Max nicht kann, hätten wir eine Idee.“ Für Vollgasfußball könne er garantieren.

Würde der 36-Jährige seine Mannschaft gegen die Bayern nach Berlin führen – anders als vor drei Jahren, als Werder in München 0:2 verloren hat, wären die Parallelen zu Thomas Schaaf offensichtlich. Der im Hintergrund als Technischer Direktor tätige Kult-Trainer von ehedem hatte nach Amtsübernahme vor zwei Jahrzehnten erst den Abstieg vermieden und das Team zu einem dramatischen Cup-Sieg nach Elfmeterschießen gegen den FC Bayern gecoacht. „1999 waren wir noch ein viel krasserer Außenseiter als heute“, erinnert sich Baumann. Der Rest ist Legende.

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