DFB-Schiedsrichtertagung: Erschütterung und Naivität

Der DFB beschließt eine Grundsicherung für Schiedsrichter und Torlinientechnologie. FIFA-Chef Joseph Blatter sorgt derweil für Ärger beim DFB.

Auch Schiedsrichter Peter Gagelmann erhält in Zukunft eine Grundabsicherung. Bild: dpa

BERLIN taz | Großen Aktionismus legte der Deutsche Fußball-Bund bei der Schiedsrichtertagung in Altensteig-Wart an den Tag. Wichtigstes Ergebnis: Bundesliga-Schiedsrichter erhalten künftig in jeder Saison eine finanzielle Grundabsicherung von mindestens 15.000 Euro für die Unparteiischen in der 2. Liga bis zu höchstens 40.000 Euro, die fünf Fifa-Schiedsrichter erhalten. Die bisher gezahlten Vergütungen pro Einsatz bleiben erhalten, Schiedsrichter sollen so aber auch bei Verletzungen abgesichert bleiben.

Herbert Fandel, Vorsitzender der Schiedsrichter-Kommission, begrüßte den Änderungsbeschluss als „guten Schritt in Richtung Professionalisierung und Modernisierung“. Der DFB will die Neuregelung aber ausdrücklich nicht verstanden wissen als Vorstufe zu einer Einführung des Profi-Schiedsrichters, die immer wieder mal gefordert wird.

Die zusätzlich entstehenden Kosten schätzt der Verband auf 1 Million Euro. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach kündigte an, diese vorerst übernehmen zu wollen, aber über eine Umlage auf die Vereine nachzudenken. „Wir treten weiter als Dienstleister für die Vereine des Profi-Fußballs auf und werden uns diese Dienstleistung künftig entsprechend vergüten lassen“, sagte Niersbach.

Außerdem wurde bei der Tagung verkündet, im deutschen Fußball werde künftig die von der Fifa favorisierte Torlinientechnologie umgesetzt. Fandel sprach sich dagegen ausdrücklich gegen das von der Uefa bevorzugte System mit zusätzlichen Torrichtern aus. Eine Einführung sei für die kommende Spielzeit aus technischen Gründen aber noch nicht möglich, so Niersbach: „Das geht nicht vor der Saison 2013/14.“

Dann distanzierte sich Niersbach noch vorsichtig von Fifa-Boss Sepp Blatter. „Erschüttert“ hätten ihn dessen Erklärungen zu den ruchbar gewordenen Details im Bestechungsskandal im Fußball-Weltverband: „Diese Dinge, die über Jahre als Spekulation, als Gerücht, als Verdacht durch die Welt waberten, sind nun amtlich geworden.“ Der DFB-Boss wollte aber trotzdem, im Gegensatz zu Bundesliga-Präsident Reinhard Rauball, nicht die Demission des Fifa-Chefs fordern: „Die Frage nach einem Rücktritt kann nur der Betroffene selbst beantworten.“

Blatter ließ am Sonntag in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung erwartungsgemäß wissen, dass er nicht an solch einen Rücktritt denke: „Dass man mich weghaben will, ist nichts Neues. Je nachdem, wie die Stimmung gerade ist. Manchmal fordern das die britischen Medien, dann mal die amerikanischen, dann mal die deutschen.“ Dann ging er zum Gegenangriff über und suggerierte, dass es bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland nicht mit rechten Dingen zugegangen sei.

Tatsächlich verlief die Abstimmung damals seltsam: Weil sich der Neuseeländer Charles Dempsey überraschend der Stimme enthielt, gibt es Gerüchte, er sei unter Druck gesetzt worden. Blatter tut nun allerdings so, als sei ihm das erst jetzt aufgefallen: „Vielleicht war ich da zu gutmütig und zu naiv.“ Das ist dann wohl eines der großen Wunder des Fußballs, dass so ein gutmütiger und naiver Mensch seit mehr als drei Jahrzehnten beständig Spitzenämter in einer korrupten Organisation bekleidet.

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