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DFB investiert in FrauenbundesligaNur wenig Anschub

Der Deutsche Fußball-Bund will die Bundesliga der Frauen mit 100 Millionen Euro Investitionen weiterentwickeln. Reicht das um dem Bedarf zu decken?

Ausbaufähig: die Infrastruktur von Frauen-Bundesligist RB Leipzig Foto: motivio/imago

Das Grummeln in der Frauen-Bundesliga ist in diesen Tagen groß. Englische Wochen zu dieser Jahreszeit sind völlig neu, und viele Verantwortliche fragen sich, ob es nach der Vergrößerung auf 14 Teams nicht bessere Lösungen gegeben hätte, als neuerdings im November und Dezember allein zehn Spieltage auszutragen, während im April und Mai gerade mal die vier letzten Runden angesetzt sind. Wer kommt auf solchen Unfug?

Für die von DFB-Chef Bernd Neuendorf angesprochene Professionali­sierung braucht es Wachstum mit deutlich höheren Umsätzen

Die rapide ansteigende Zahl der verletzten Spielerinnen wird damit bereits in Zusammenhang gebracht. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will derweil als Förderer des Frauenfußballs gesehen werden. Wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk wirken vordergründig die 100 Millionen Euro als Anschubfinanzierung, wenn die höchste Frauen-Spielklasse in eine eigene Gesellschaft (FBL GmbH) überführt wird. Angelegt als Joint Venture zwischen der DFB GmbH & Co. KG und den 14 Vereinen.

Die Zustimmung auf dem DFB-Bundestag am Freitag auf dem Campus in Frankfurt gilt als Formsache, nachdem Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung zugestimmt haben. „Der Investitionsspielraum soll sich über acht Jahre ab 2026 erstrecken“, erklärte Präsident Bernd Neuendorf. Bundestrainer Christian Wück bezeichnete die Investition als „gerechtfertigt und auch unbedingt nötig“. Das sehen nicht alle Landes- und Regionalverbände so, die es dem Verbandschef schwer gemacht haben sollen, das Projekt durchzudrücken. Der eine oder andere aus dem Männerzirkel würde lieber alte Sportschulen und marode Vereinsheime sanieren als die Frauen-Bundesliga professionalisieren.

Dort wird die Summe übrigens nicht mit Überschwang aufgenommen. Eine interne Abfrage hat unter den Klubs ergeben, dass sie selbst mindestens 300 und maximal 700 Millionen in diesem Zeitraum aufbringen wollen. Abhängig davon, was es an infrastrukturellen Verbesserungen braucht. Dagegen wirken die 12,5 Millionen Euro vom DFB jährlich nicht sonderlich viel. Und sind darin vielleicht auch die Gehälter für rund 15 hauptamtlichen Kräfte der neuen Gesellschaft inkludiert, die bisher beim Verband angestellt sind?

Klubs übernehmen Führung

Eines wollen die Treiber hinter dem Wachstumsplan, bei dem zwischenzeitlich als Drohkulisse auch eine Abspaltung aufgebaut wurde, klarstellen: Wesentlicher Förderer des Frauenfußballs sind in absehbarer Zeit die Lizenzklubs. Sie haben in dem langwierigen Prozess nach dem Lenkrad gegriffen – und geben es auch nicht mehr aus der Hand. Der DFB müsse verstehen, heißt es, dass eine Weiterentwicklung von den Marken ausgehe, die sich dem Frauenfußball verschrieben haben. Etwa, wenn die Nachwuchsleistungszentren endlich jungen Spielerinnen einen Platz bieten.

Für die von Neuendorf angesprochene Professionalisierung braucht es Wachstum mit deutlich höheren Umsätzen. Das geht nur mit Sponsoren- und TV-Verträgen in neuen Dimensionen. Die im letzten DFB-Saisonreport 2023/24 ausgewiesenen 31 Millionen Euro Gesamtumsatz sind allemal ausbaufähig. Und das durchschnittliche Defizit von mehr als zwei Millionen Euro ist Klubvertretern längst ein Dorn im Auge. Fakten, welche die für Frauen- und Mädchenfußball zuständige Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch stets schönredete. Nun übernimmt Generalsekretärin Heike Ullrich ihren Posten.

Eine Herausforderung wird sein, die Wirtschaftlichkeit rasch zu verbessern. Selbst der Doublesieger FC Bayern, wo gerade die Übernahme des Sportparks Unterhaching als neue Spielstätte für die Frauen geplant ist, hält „das Abzwacken anderer Budgets“ für falsch, wie Vorstandschef Jan-Christian Dreesen auf der Mitgliederversammlung ausrief. „Wir müssen insgesamt den Frauenfußball entwickeln.“

Ähnlich argumentierte Axel Hellmann als Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt auf der Saisoneröffnungspressekonferenz. Die zu weiteren Investitionen bereiten Hessen wehren sich dagegen, dass „unfassbar an der Gehaltsschraube gedreht“ (Hellmann) werde. Bei dieser ungesunden Entwicklung werde man nicht mitgehen. Was allerdings bedeutet, dass gerade deutsche Nationalspielerinnen wie die vom VfL Wolfsburg zu Olympique Lyon gewechselte Jule Brand bei auslaufenden Verträgen ins Ausland gehen, weil sie dort das Doppelte und Dreifache verdienen.

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1 Kommentar

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  • "und viele Verantwortliche fragen sich, ob es nach der Vergrößerung auf 14 Teams nicht bessere Lösungen gegeben hätte, als neuerdings im November und Dezember allein zehn Spieltage auszutragen, während im April und Mai gerade mal die vier letzten Runden angesetzt sind. Wer kommt auf solchen Unfug?"

    Das interessiert mich aber doch mal. Welche Verantwortlichen sollen das denn sein? Diejenigen, die nicht in den Terminkalender geschaut haben und gesehen haben, dass zwischen März und Anfang Juni 6 WM Qualifikationsspiele, 3 DFB Pokalrunden sowie die komplette Gruppenphase der europäischen Pokale anstehen?