DGB-Studie zu Langzeitarbeitslosen: Fordern ja, fördern nicht

Hunderttausende der 4,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger haben Schulden oder Suchtprobleme. Die Beratungs- und Hilfsangebote der Kommunen reichen nicht aus.

Bei der Schuldnerberatung kriegt kaum jemand einen Termin. Beim Pfandleihhaus hingegen schon. Bild: dpa

BERLIN/SAARBRÜCKEN dpa | Schätzungsweise die Hälfte der rund 4,5 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger hat nach einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Schulden- und Suchtprobleme oder bedarf psychosozialer Beratung. Sie werden von den zuständigen Kommunen damit aber meist alleingelassen, geht aus der DGB-Untersuchung hervor, deren Ergebnisse erstmals Ende Januar bekannt wurden. Die Saarbrücker Zeitung griff sie nun erneut auf.

Insgesamt geht der DGB für das Jahr 2012 von 1,13 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfängern mit Schuldenproblemen aus. Nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit wurden aber nur 32.500 durch die Kommunen entsprechend beraten. Von den geschätzt 450.000 Hilfebedürftigen mit Suchtproblemen erhielten lediglich 9.000 eine Beratung. Von den 900.000 Betroffenen mit psychosozialen Problemen wurden laut DGB-Studie nur für 20.000 Personen kommunale Hilfen gemeldet.

Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte dazu, ihr Haus habe „naturgemäß großes Interesse an einer angemessenen Unterstützung der Betroffenen bei solchen Problematiken, weil sie wichtig für die Eingliederungschancen der Leistungsberechtigten sind“. Man verfolge das Thema seit längerem in den für die Umsetzung von Hartz IV zuständigen Gremien des Bund-Länder-Ausschusses. „Dort wirkt der Bund daraufhin, dass die Kommunen ihrer Verantwortung nachkommen.“

Aufgrund der unzureichenden Datengrundlage halten Insider die Studienergebnisse für wenig belastbar. Es sei deshalb davon auszugehen, dass das Angebot an kommunalen Eingliederungsleistungen zu gering ausgewiesen sei, hieß es.

„Die Defizite im Hartz-IV-System bestehen vor allem darin, dass das Fordern sehr groß geschrieben wird, aber das Fördern zum Teil viel zu kurz kommt“, sagte der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy der Zeitung. Ohne soziale Stabilisierung könnten die Betroffenen nicht nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert werden.

In der Studie heißt es dazu: „Gerade bei diesem Personenkreis erschweren oft Schulden, Sucht oder psychosoziale Probleme den Weg aus dem Leistungsbezug - häufig treten mehrere Problemlagen gleichzeitig auf beziehungsweise bedingen oder verstärken sich gegenseitig.“ Umgekehrt führe Arbeitslosigkeit zu zunehmender sozialer Not. Der DGB fordert deshalb einen „Rechtsanspruch auf sozialintegrative Leistungen“.

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