DIY-Fanzine "Unser Magazin": Limericks und Flohmarktfotos

Poetische Wortbeiträge, Fotostrecken, Illustrationen und Comics: "Unser Magazin" ist eine fotokopierte Visionensammlung mit markanter Optik. Und: Beruhigend altmodisch.

Bild: unser magazin

Limericks sind ein unglaublich unterschätztes Vergnügen. Allein darum sollte man Unser Magazin respektvoll beklatschen: Zur neuen, von der Münchner Grafikerin Hedi Lusser und der Berliner Autorin Kirsten Reinhardt herausgegebenen Visionensammlung im A5-Schulheftformat hat Reinhardt zwei Limericks beigesteuert, absichtlich oder unabsichtlich ungelenk gereimte Preziosen über einen schüchternen Schlüchterner und einen unbefriedigten Bad Zwischenahner.

Um Heimat geht es nämlich in der ersten Ausgabe des alle sechs Monate erscheinen sollenden Magazins der beiden gerade erst jenseits der 30 angekommenen Frauen, genauer um den Spruch "Home is where heart is". Und so mäandern die größtenteils poetischen Wortbeiträge mal mehr, mal weniger gelungen zwischen "Zuhause ist eine Sammlung von Fragmenten" und "Bei meinen Eltern war es immer warm", stören nicht, reißen einen aber auch nicht mit. Es sind angenehm wenige Texte, die eigene Bildsprache von Fotos, Grafiken und Comics ist das stärkere Element.

Aus Geld- und Konzeptionsgründen - "es sollte so eine Do-it-yourself-, Fanzine-Ästhetik haben", sagt Lusser - hat man nicht drucken lassen, sondern alle Beiträge als Kopien zusammengeheftet: Die verwischten Grautöne, unscharfen Hintergründe und grob gepixelten Motive geben sämtlichen Bildern ein winterlich-persönliches Flair.

Doch obwohl Unser Magazin damit etwas Unschuldiges und eine gewisse Konsequenz bekommt, scheinen manche der Bildgedanken zum Thema schlecht wiedergegeben. Zudem schaffen die Macher durch den Grafikcocktail eine nicht enden wollende Abizeitungsatmosphäre: Streckenweise wirkt das werbungsfreie, mit 10 Euro dennoch recht hochpreisige Magazin wie die üblichen Schülerergüsse, nur ohne Lehrerwitze.

Eine nicht neue, aber haptisch hübsche Idee ist das Personalisieren der auf 250 Exemplare limitierten Auflage durch eingeklebte Fotos, die aus Flohmarkt-Bilderalben stammen. In der Ausgabe Nr. 31 posiert ein Reisender mit Dackel und Zichte vor etwas Großem, Antennenähnlichem auf dem Land, während seine Frau auf einem weiteren rotstichigen, weiß gerahmten Foto unter dem "Zimmer"-Schild vor einer Herberge steht.

Die Exotiksehnsucht der Früh-60er hatte bei ihnen eben nur bis irgendwo ins Landesinnere gereicht. Dass sich die Heftmacherinnen dieser Fotos bemächtigt haben, ohne erforschen zu können, ob die Angehörigen noch leben, schließt einen Kreis: Lästert man einer gewissen Generation nicht hinterher, sie habe kein Bewusstsein mehr für das Recht am eigenen oder fremden Bild und mache alles und jeden zu jeder Zeit zugänglich? Die Art, wie dieses Thema realisiert wird, wirkt in Unser Magazin beruhigend altmodisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.