Das war die Woche in Berlin I: Absurdes Szenario für Radfahrer

Der Senat hat gerechnet, was der Volksentscheid Fahrrad kosten würde und kommt auf astronomische 2,1 Milliarden Euro. Das zeigt: Senator Geisel hat Angst.

Erinnerung an getöteten Radler

Erinnerung an einen getöteten Radler und ein Mahnmal für eine bessere Verkehrspolitik Foto: dpa

Seit Mittwoch wird also gesammelt: Die AktivistInnen des Volksentscheids Fahrrad schwärmen mit Listen aus und wollen in Rekordzeit – nach der ADFC-Sternfahrt am 5. Juni – die notwendigen 20.000 Unterschriften für den Antrag auf ein Volksbegehren in der Tasche haben. Oder noch viel mehr.

Tatsächlich ginge es in einer Stadt wie Berlin nicht mit rechten Dingen zu, sollte die Initiative einen deutlich längeren Anlauf für diese erste Hürde benötigen. Das weiß man auch in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ihre Konsequenz ist ein merkwürdiger Strategiemix.

Einerseits signalisiert man aus dem Hause Geisel, das Fahrradgesetz, das die Initiative vorgelegt hat, werde selbst im Falle seiner Verabschiedung per Volksentscheid wenig am Status quo der Verkehrsplanung ändern. Die Gründe dafür zählte Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) kürzlich im großen taz-Streitgespräch auf: Die vielen Sollbestimmungen des Gesetzentwurfs seien alles andere als zwingend für die Verwaltung – alles stehe und falle mit der Bereitstellung von Mitteln durch das Parlament und vor allem dem guten Willen der Bezirke.

Auf der anderen Seite scheint man doch nicht ganz so cool zu sein. Zum einen ist da die amtliche Kostenschätzung, die zwar „amtlich“ heißt, aber eben eine Schätzung ist. Und die veranschlagte Summe ist derart as­tro­no­misch – mit 2,1 Milliarden Euro etwa das, was der BER anfangs kosten sollte –, dass man sich des Verdachts kaum erwehren kann, es handele sich um eine künstlich zur Drohkulisse aufgeblasene Zahl. Bei Infrastrukturmaßnahmen, die politisch gewollt sind, ist bekanntlich der umgekehrte Fall zu beobachten: Projekt werden so klein gerechnet wie möglich.

Und dann ist da noch die Ausschreibung des PR-Jobs, bei dem eine Kommunikationsagentur dem Senat eine „verbesserte öffentlichkeitswirksame Außendarstellung“ der Radverkehrsförderung besorgen soll. Honi soit qui mal y pense: In den vergangenen zehn Jahren wurde nur das Nötigste für ein positives Fahrradimage getan, aber kaum steht das Volksbegehren in den Startlöchern, verspürt die Politik den Ehrgeiz, die eigenen Großtaten ins rechte Licht zu rücken. Immerhin geht es mit rechten Dingen zu: Dass der Senat für die eigene Position so richtig laut auf die Werbetrommel hauen darf, hat die Koalition Anfang des Jahres durchs Parlament gebracht.

Alles weist darauf hin, dass diese Auseinandersetzung richtig spannend wird. Hatten wir das an dieser Stelle schon mal erwähnt?

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