Das war die Woche in Berlin I: Die AfD entdeckt den Naturschutz

Am Montag wurden 200 Bäume im Leonorenpark für eine Flüchtlingsunterkunft gefällt. Die AfD punktet nun nicht nur bei Flüchtlingsgegnern.

Bäume und ein verkehrsschild in der Weserstraße in neukölln

Ob sich die AfD auch um die Bäume in der Neuköllner Weserstraße sorgt? Foto: dpa

Strittig ist schon die Frage, was das eigentlich für ein Gelände am Teltowkanal in Lankwitz ist, auf dem zu Wochenbeginn rund 200 Bäume fielen. Ein Park, sagen die einen, und reden wegen der nahen gleichnamigen Straße vom Leonorenpark. Ein Erweiterungsgelände des landeseigenen Klinikkonzerns Vivantes, der das Grundstück nicht mehr braucht, sagen die anderen. Letztere, das ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Katrin Lompscher von der Linkspartei an der Spitze. Die Gegenseite, das sind vor allem Anwohner, die sich um das Gelände sorgten. Vorgeblich um die Bäume, aber mutmaßlich zum Teil auch darum, dass da auf der Brache etwas Neues entstehen sollte: eine Flüchtlingsunterkunft nämlich.

Ein wochenlanger Streit ist der Abholzaktion vorangegangen. Lompschers Senatsverwaltung und der CDU-geführte Bezirk schoben sich gegenseitig die Verantwortung dafür zu. Tenor beim Bezirk war: Die Senatsebene ziehe ihr Ding durch, man könne den Schaden nur mindern. Auf Landesebene hieß es, die CDU habe sich nicht gerade vorgedrängelt, alternative Grundstücke für Flüchtlingsunterkünfte vorzuschlagen.

Die eine Partei gegen die andere, dazu eine noch ausstehende Gerichtsentscheidung – eine Situation, wie geschaffen für die AfD, die den etablierten Parteien gern vorwirft, Bürgerinteressen zu ignorieren. Da war es gar nicht nötig, im Übermaß Front gegen Flüchtlinge zu machen. Nein, die AfD konnte sich um den ­Naherholungsraum in Lankwitz sorgen. Nur vier Tage vor der Abholzaktion trug sie das Thema ins Landesparlament, fragte dort danach. Damit konnte sich die AfD nicht nur zum Sprachrohr derer machen, für die der Protest gegen die Abholzung lediglich Mittel zum Zweck war, sondern auch die für sich vereinnahmen, denen es wirklich nur um die Bäume ging.

Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek sagte Anfang Januar im taz-Interview: „Die AfD wird, wenn man sie nur machen lässt, sich von ganz alleine entzaubern.“ Natürlich, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber der große Streit um das kleine Ufergrundstück hat gezeigt, dass die größte Gefahr neben der AfD selbst die Neigung ist, sie zu unterschätzen.

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Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

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