Das war die Woche in Berlin II: Vieles geht, wenn man nur will

Noch sind nicht alle Flüchtlinge aus den Turnhallen heraus, aber es geht voran. Dank eines genialen Kniffs, der dem alten Sozialsenator nie eingefallen wäre.

Nicht schön, aber besser als Turnhalle: Containerdorf (Tempohome) Venusstraße in Alt-Glienicke Foto: dpa

Das hat nicht ganz geklappt. Gleich mit seiner ersten Ankündigung, die da lautete, sämtliche mit Flüchtlingen belegten Turnhallen „bis Jahresende“ freiräumen zu wollen, lag der neue rot-rot-grüne Senat daneben. Das neue Jahr hat begonnen und noch immer leben rund 1.500 Menschen in immerhin 17 Sportstätten. Ein Grund für Spott und Häme ist dies aber nicht.

Zum einen deshalb, weil die Zeitangabe „bis Jahresende“ nur auf Nachfrage von Journalisten in die Welt gesetzt wurde. Auf der ersten Pressekonferenz des Senats Mitte Dezember hatte die neue Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) zunächst nur erklärt, man wolle „sofort“ gegen das Elend in den Turnhallen angehen, indem man fertige Ersatzgebäude, für die es wegen Ausschreibungsproblemen noch keine Betreiber gibt, im Rahmen der „Gefahrenabwehr“ übergangsweise von Wohlfahrtsverbänden betreiben lässt.

Auf die Frage, wann denn welche Ersatzgebäude zur Verfügung stünden, erklärte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), bis Jahresende würden rund 3.500 Plätze in Tempohomes genannten Containerdörfern „baulich fertig“ sein. Wörtlich sagte er weiter: „Ob es uns gelingt, bis Jahresende die gesamte Kapazität zu nutzen, müssen wir sehen, aber wir bemühen uns.“ Ein festes Versprechen, auf das man jemanden festnageln kann, ist das eher nicht.

Zum anderen ist dann ja in der Tat einiges passiert. Immerhin 900 von 2.800 Betroffenen konnten bis Weihnachten ihre Turnhalle verlassen, mehrere fertige Containerdörfer sowie ein Heim in Spandau, das immerhin seit Juli leer stand, bezogen werden.

Man kann sicher sein: Unter Rot-Schwarz wäre das nicht passiert. Breitenbachs Vorgänger Mario Czaja (CDU) reagierte auf die von ihm verantwortete Panne mit den Ausschreibungen, die dazu führte, dass fertige Gebäude leer herumstehen, mit dem von ihm bekannten Achselzucken. Man müsse eben neu ausschreiben, das dauere mindestens bis Ende Januar, da sei leider nichts zu machen. Auf die Idee, die Lebenssituation von Menschen, die über ein Jahr in Turnhallen leben müssen, als „Elend“ zu bezeichnen, das man nicht länger hinnehmen kann und will, wäre er nie gekommen.

So musste erst eine Linke mit unbedingtem Veränderungswillen kommen und den genialen Trick mit der „Gefahrenabwehr“ aus dem Hut zaubern. Mit diesem Passus aus dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz kann der Senat alles mögliche machen, wenn es „die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ erfordert. Zum Beispiel temporär das Vergaberecht missachten und einfach Betreiber für leer stehende Heime ernennen. Das geht, wie wir nun gesehen haben. Man muss halt wollen.

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