Datei zu gewaltbereiten Fußballfans: Hamburger Datei ist rechtswidrig

Fast zehn Jahre hat die Hamburger Polizei Daten über gewaltbereite Fans in einer speziellen Datei gespeichert – zu Unrecht. Der Innensenator verspricht Besserung.

Fußballfans schwingen eine Fahne, halten Luftballons und zünden Bengalos

Luftballonrandale in Hamburg, Februar 2016 Foto: dpa

HAMBURG dpa | Die seit fast zehn Jahren von der Hamburger Polizei geführte Datei über gewaltbereite Fußball-Fans ist aus Sicht des Hamburger Datenschutzbeauftragten rechtswidrig und sollte umgehend gelöscht werden. „Das Ausmaß der Speicherung von Betroffenen, gerade aber auch von Kontakt- und Begleitpersonen unter Vernachlässigung grundlegender datenschutzrechtlicher Anforderungen ist nicht akzeptabel“, erklärte der Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar am Mittwoch.

Mitte Januar war durch eine Kleine Anfrage der Linken ans Licht gekommen, dass die Polizei 2170 Menschen aus dem Bereich Fußball registriert hat, darunter 1070 Fans des Bundesligisten Hamburger SV und 426 Anhänger des Zweitligisten FC St. Pauli. Wer in der Datei geführt wird, erfährt davon in der Regel nichts. Es bestehe keine Informationspflicht, hieß es in der Senatsantwort.

Caspar begrüßte, dass die Polizei inzwischen rund 900 Personen wieder aus der Crime-Datei „Gruppen- und Szenegewalt“ gelöscht habe. Gleichwohl habe die Prüfung zahlreiche so schwere datenschutzrechtliche Mängel offenbart, dass nun eine formelle Beanstandung ausgesprochen worden sei.

Der zuständige Innensenator Andy Grote (SPD) versprach Besserung. „Es handelt sich bei den beschriebenen Missständen im Umgang mit der betreffenden Crime-Datei um einen schwerwiegenden Vorgang.“ Er habe die Polizei bereits aufgefordert, Defizite umgehend zu beseitigen. „Mit dem Polizeipräsidenten wurde zudem vereinbart, dass die Funktion eines eigenen Datenschutzbeauftragten der Polizei eingerichtet wird.“

Die Datenschützer hatten bei einer Prüfung festgestellt, dass die am 1. Juni 2006 erstellte Datei unter anderem Informationen über Punks, Skinheads, Rocker oder russische Aussiedler enthielt, welche sei längerem gar nicht mehr in der Zuständigkeit der zugriffsberechtigten Stellen lag. Überhaupt konnte zudem bei einem nicht unerheblichen Teil der Verdächtigen und Beschuldigten die Erforderlichkeit der Speicherung nicht positiv festgestellt werden.

Ebenfalls kritisch bewertete Hamburgs Datenschützer, dass in der Datei zahlreiche Kontakt- und Begleitpersonen über die gesetzlich festgelegte Frist hinweg gespeichert waren. In einem Fall seien sogar personenbezogene Daten eines Kindes gespeichert worden. Der Senatsantwort zufolge waren in der Datei neben Namen und Adressen der Beschuldigten und Verdächtigen auch Fotos sowie Informationen zu Kontakt- und Begleitpersonen gespeichert.

Für Caspar stelle sich nun die Frage, ob bei anderen Crime-Dateien möglicherweise ähnliche Datenschutzverstöße vorliegen. „Der ganze Vorgang lässt nicht nur eine Krise der automatisierten Datenhaltung bei der Polizei befürchten, sondern auch auf eine Krise des Datenschutzes in Hamburg schließen“, betonte Caspar. Gleichzeitig wies er daraufhin, dass die Datenschützer aufgrund der geringen personellen Ausstattung nicht in der Lage seien, ihre Aufgaben noch angemessen zu erledigen.

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