Debatte über Rassismus in der Polizei: Kümmert euch um das Problem selbst!

Nach der Kritik der Dozentin Bahar Aslan am Rassismus in der Polizei diskutieren alle über die Art der Diskussion – doch viel zu selten über die Sache.

Holster einer Polizistin mit Schlagstock und Taser

Polizistin in Düsseldorf Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Als Horst Seehofer vor zwei Jahren Hengameh Yaghoobifarah mit einer Anzeige gedroht hat, habe ich ihm Yaghoobifarahs Roman „Ministerium der Träume“ geschickt. Es war unfassbar für mich, dass ein deutscher Innenminister so gegen ihm unliebsame Jour­na­lis­t*in­nen vorgehen will.

Jetzt wurde mal wieder durch eine rassifizierte Person eine Polizeidebatte ausgelöst. Bahar Aslan hat als Dozentin für interkulturelle Kompetenz bei der Polizei in einem Tweet vom „braunen Dreck bei den Sicherheitsbehörden“ gesprochen und ist ihren Job los. Dagegen klagt sie. Aus Solidarität mit ihr haben Hunderte einen offenen Brief unterzeichnet.

Während es in anderen Ländern völlig normal ist, auf Polizei und Politik zu schimpfen, verzeiht man in Deutschland so eine Wortwahl nicht. Der Ton macht die Musik und ist bisweilen wichtiger als das Anliegen. Die Anfeindungen gegen Aslan sind nur ein Beispiel für eine intolerante Rechte, die alles noch so Banale zum Anlass nimmt, ihren Rassismus so auszuleben, dass migrantische Personen gecancelt werden und eine Öffentlichkeit glauben gemacht wird, dass so eine Aussage tatsächlich schlimm sei.

Die Debatte, die das entfachte, ist gesellschaftspolitisch und intellektuell armselig. Das liegt auch an dem offenen Brief. Darin wird sich von der Wortwahl Aslans distanziert. Dieser Wortwahl stehen die im Brief selbst erwähnten Beamten gegenüber, die Nazis sind, aber nicht beleidigt werden sollen. Wo kämen wir da hin, Nazis zu beleidigen?

Der Brief beginnt mit dem Satz: „Wir stehen hinter der Polizei.“ Es ist erschreckend, wie viele Menschen diese Aussage unterzeichnet haben, als ob es der einzige Weg ist, Solidarität mit Aslan zu äußern. Es gibt keinen Grund, hinter einer Staatsgewalt zu stehen.

Als seien migrantische Cops cooler

In Brief und Debatte werden auch weder die Opfer von Polizeigewalt erwähnt, noch problematisiert man Antirasissmus-Workshops bei der Polizei. Als ob es eine rassimussensible Polizei geben könnte und migrantische Cops cooler wären.

Der Brief zeigt, dass die Kritik an der Polizei, die seit dem Mord an George Floyd und der Debatte mit Seehofer geäußert wurde, in der Breite nicht angekommen ist.

Stattdessen wird über die Art und Weise diskutiert, wie man Kritik äußern sollte. Als wäre dieses Land Herr von Knigge persönlich und nicht eins, über dessen Bevölkerung es Studien zu ihrem autoritären Charakter gibt.

Antworten auf die Frage nach dem Umgang mit Rassismus in der Polizei ergeben sich nur, wenn wir auch fragen, wie wir mit einem sich immer weiter aufrüstenden Staat, einschließlich Polizei, und der Gewalt, die von ihm ausgeht, umgehen können.

Forderungen wie die Abschaffung von Gefängnissen und der Polizei werden dermaßen bagatellisiert, als gäbe es dazu nicht schon Praxis und Theorie. Da sollten wir ansetzen, statt scheinheilige Debatten über die Etikette von Kritik und Protest zu führen.

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