Debatte um Steueroasen: Deutsche Bank erzürnt Kontrolleure

Die Filiale des Geldhauses in Singapur hat über 300 Briefkastenfirmen in Steueroasen betreut. Das alarmiert die Finanzaufsicht.

Allein aus Deutschland sollen 400 Milliarden Euro im Ausland auf Renditesuche sein. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Firmen tragen Namen wie Roseburn, White River Holdings oder Amazing Opportunity Limited. 309 davon hat eine Tochter der Deutschen Bank bis mindestens ins Jahr 2010 hinein registrieren lassen – vor allem auf den britischen Jungferninseln. Diese Briefkastenfirmen haben höchstwahrscheinlich keinen echten Geschäftszweck. Sie sind nur dazu da, Steuern zu „sparen“. Oder Geld zu waschen. Für ihre Betreuung hat die Frankfurter Großbank in Singapur eine Tochterfirma mit gut 100 Angestellten gegründet. Auch diese trägt einen schönen Namen: Regula Limited.

Das alles geht aus Daten hervor, die das internationale Journalistennetzwerk ICIJ zugespielt bekam – und die derzeit weltweit in Geldwäsche- und Steuerhinterzieherkreisen für Zittern sorgen. Und nicht nur hier: Auch die Deutsche Bank, der Branchenprimus, erzürnt die Kontrollbehörden. Die Affäre um Finanzgeschäfte von weltweit 130.000 vermögenden Privatkunden in Steueroasen hat die mächtige deutsche Finanzaufsicht Bafin alarmiert. Wenn die Behörde Anhaltspunkte habe, „dass ein Institut systematisch gegen Steuerrecht verstößt oder dabei hilft, werden wir dies bankaufsichtlich untersuchen“, sagte Bafin-Chefin Elke König am Freitag zu Spiegel-Online.

Das ICIJ wittert eine „gut bezahlte Industrie aus Strohmännern, Buchhaltern, Notaren und Banken“, die den Steuerbetrug weltweit organisieren. Nur große Geldhäuser wie die Deutsche Bank mit ihrem globalen Netzwerk sind schließlich in der Lage, den reibungslosen Fluss des schwarzen Geldes zu gewährleisten. Allein aus Deutschland sollen 400 Milliarden Euro im Ausland auf Renditesuche sein. Die Schweizer Großbank UBS betreut laut den Rechercheuren von ICIJ sogar 2.900 Firmen in Übersee.

Die Deutsche Bank wies die Kritik zurück. Das Institut habe „umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass Produkte und Dienstleistungen der Bank zu Zwecken der Geldwäsche missbraucht werden können“. Unbestritten ist, dass die Bank unter dboffshore.com ihre Dienste auf den Kaimaninseln und auf Mauritius anbietet: Hier gebe es eine „steuerneutrale Umgebung“, wirbt sie selbst.

Der Bundesverband deutscher Banken schob die Schuld den Kunden zu: „In erster Linie sind es Privatpersonen und Organisationen, die ihr Geld in den Steueroasen anlegen“, sagte Verbandspräsident Andreas Schmitz. Banken könnten die Steuerehrlichkeit der Kunden nicht überprüfen, ihnen fehlten dazu die Befugnisse.

Der Finanzexperte der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, kritisierte das Geschäftsmodell vieler Banken. Die Wahrscheinlichkeit, dass Steueroasen „für etwas Illegales“ genutzt würden, sei „sehr groß“. Die Institute verschleierten hier „Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruptionsgelder“.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nannte Forderungen aus der Regierung nach einer Art deutschem „FBI gegen internationale Steuerhinterziehung“ scheinheilig. Die Regierung habe auf EU-Ebene „nichts unternommen, um das Thema Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiterzuverfolgen“. Jährlich gingen so europaweit rund 850 Milliarden Euro verloren, beklagte Steinbrück bei seinem Besuch in Paris.

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