„Deepwater Horizon“-Havarie: Das bisschen Ölpest

Fünf Jahre nach der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko spielt Verursacher BP das Desaster herunter. Doch die ökologischen Schäden sind enorm.

Nach der Havarie der Deepwater Horizon 2010 strömten 780 Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko. Bild: ap

NEW YORK taz | Es gebe „keine bedeutende Auswirkung auf die Lebewesen im Golf“, schreibt BP in einem Bericht über die größte Industrie- und Umweltkatastrophe der US-Geschichte. Der Fischfang sei auf Rekordhöhe, die Qualität von Stränden und Wasser wieder hergestellt und das Meer habe seine Widerstandsfähigkeit bewiesen.

Für das Delfinsterben, für den Rückgang beim Austernwachstum, für die Sterblichkeit von Seeschildkröten und für den Untergang von ganzen Inseln in dem Küstengebiet im Süden von Louisiana macht BP andere, bereits zuvor begonnene Phänomene verantwortlich. Fünf Jahre nach der Explosion der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko zeige sich, so die PR-Leute des Ölkonzerns, dass die Befürchtungen größer gewesen seien als die Realität.

Unabhängige Wissenschaftler und US-Behörden hingegen sehen kleine und große Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt, von denen viele noch nicht annähernd erforscht sind. Dazu gehören die Auswirkungen der Chemikalie Corexit, die in gigantischem Ausmaß ins Meer gespritzt wurde, um das Öl in kleine Teilchen zu zerstreuen und auf den Seeboden abzusenken. Nach einer Studie der Universität Georgia hat der Corexit-Einsatz die Toxizität des Öls um das 52-Fache verstärkt.

Das Nationale Gesundheitsinstitut der USA untersucht gegenwärtig Kopf-, Lungen- und psychische Erkrankungen bei Menschen, die mit dem giftigen Cocktail in Berührung gekommen sind. Aber Spitzenmanager von Dienstleistern, die für die längst wieder funktionierenden Ölplattformen im Golf von Mexiko arbeiten, schreiben in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige in Louisiana in diesem Monat: „Enough is enough“ – genug ist genug.

Tausende Klagen noch nicht bearbeitet

Nach ihrer Ansicht hat BP – mit bislang 28 Milliarden Dollar für Strafen und Wiedergutmachungen an Opfer – genug gebüßt. Dabei sind die Anträge von Zigtausenden Klägern, darunter die Mehrheit der Arbeiter, die meist ohne Atemmasken die Strände von Florida über Alabama, Mississippi, Louisiana und Texas geputzt haben, noch nicht einmal bearbeitet. BP-Verantwortliche sind unter anderem wegen Totschlags und grober Fahrlässigkeit verurteilt worden.

Aber das Urteil über die Verletzungen der Wasserreinhaltungsgesetze steht noch aus. Dem Konzern drohen Strafen in Höhe von mehr als 13 Milliarden Dollar. Die sichtbaren Folgen der Ölpest erscheinen an unterschiedlichen Stellen. Die Zahl der kleinen Seeammern, die im Gras des salzigen Marschlandes nisten, ist ebenso zurückgegangen wie die Zahl der Insekten, von denen sie sich ernähren. Vom Cat Island in der Baratara sind nur noch zwei Sandstreifen übrig.

Die Mangrovenbäume, deren Wurzeln die Insel zusammengehalten haben, sind nach der Ölpest abgestorben. Mit ihnen sind Dutzende Nistplätze der braunen Pelikane verschwunden. Und im Tausende Kilometer nördlich gelegenen Minnesota haben Ornithologen Ölresiduen in Jungvögeln gefunden. Eine Milliarde Zugvögel durchqueren alljährlich die Golfregion.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.