Demos zum Gazakonflikt: Die linke Gretchenfrage

TeilnehmerInnen einer Solidaritätskundgebung für Israel kritisieren die Linkspartei für ihr Mitwirken am Hilfskonvoi und verteidigen die israelische Militäraktion.

Nun sag, wie hast du’s mit Israel? Demonstrant auf der Demo am Samstag. Bild: dpa, Arno Burgi

Im Nieselregen stehen zwei Demonstranten vor der Volksbühne und halten ein Transparent hoch: Zwei Soldaten knien einander gegenüber und richten ihre Gewehre aufeinander, der eine unter der israelischen, der andere unter der Hamas-Flagge. Der israelische Soldat befindet sich schützend vor, der Hamas-Kämpfer versteckt hinter einem Kinderwagen. "Hamas bombardiert Zivilisten und missbraucht die Bevölkerung von Gaza als Schutzschild" steht unter der Szene.

Weil ebendies ihrer Meinung nach die Blockade des Gazastreifens notwendig macht und die israelische Militäraktion gegen Schiffe eines Gaza-Hilfskonvois am 31. Mai rechtfertigt, sind etwa 150 DemonstrantInnen am Samstagnachmittag nach Mitte gekommen. Unter dem Slogan "Solidarität mit Israel zeigen - Gegen das Bündnis der Kriegstreiber von Linkspartei und Hamas" hatten antideutsche Gruppen wie die Berliner "HUmmel-Antifa" vor das Karl-Liebknecht-Haus mobilisiert. Ehemalige und aktuelle Bundestagsabgeordnete der dort residierenden Linkspartei waren an Bord der Schiffe gewesen, die Ende Mai Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen wollten und vom israelischen Militär gewaltsam daran gehindert worden waren. Neun Besatzungsmitglieder der Gaza-Flotte kamen ums Leben.

Israel habe keine andere Möglichkeit gehabt, sagt Michael Spaney vom Mideast Freedom Forum Berlin, der an sein Schild mit der Aufschrift "Gegen Antisemitismus weltweit" gelehnt auf dem Rosa-Luxemburg-Platz steht: "Die Gewalt ging von den Aktivisten auf dem Schiff aus, Israel hat vor der völkerrechtlich gedeckten Verteidigung seiner Seeblockade gewarnt", so Spaney. Angebote der Israelis, die Hilfsgüter auf dem Landweg nach Gaza zu bringen, hätten die Free-Gaza-AktivistInnen abgelehnt. Letzteren unterstellt Spaney zudem dunkle Motive, an Bord seien etwa Mitglieder der ultranationalistischen Grauen Wölfe aus der Türkei und islamistische Gruppierungen gewesen. Auch im Demo-Aufruf heißt es, ein "Bündnis der globalen Linken mit dem Islamismus" wolle im Namen des Friedens einen Weltkrieg gegen Israel entfesseln.

Nicht weniger verbalradikale Geschütze hatte die Gegenseite aufgefahren. In einem Antifa-Appell zur Verteidigung des Karl-Liebknecht-Hauses hieß es über die Antideutschen: "Das zionistische Propaganda-Ministerium schickt seine deutschen Laufburschen." Doch die direkte Konfrontation in der innerlinken Gretchenfrage, "Wie hältst du es mit Israel?", bleibt an diesem Tag aus - die meisten Linken sind wohl auf der "Wir zahlen nicht für eure Krise"-Demonstration.

Vor der Linken-Parteizentrale haben sich gerade einmal acht Damen und Herren älteren Semesters versammelt, darunter der 62-jährige Artur Pech, der sagt: "In Gaza wird Krieg gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung geführt. Und auch dieser Akt der Piraterie gegen den Hilfskonvoi ist das blanke Recht des Stärkeren." Pech und seine GenossInnen verzichten letztlich auf die geplante Gegenkundgebung, wenig später haben sich zwei gar unter die Antideutschen gemischt und lauschen den linksparteikritischen Redebeiträgen.

Das tut auch Susanne Moosleitner. Die Hamburger taz-Genossin ist für das Wochenende nach Berlin gekommen, um ihren Sohn zu besuchen, und hat sich spontan entschlossen, mit diesem zur Kundgebung zu kommen. "Ich bin erschüttert über die einseitig israelkritische Darstellung des Vorfalls in den Medien. Gerade auch in der taz."

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