Den Aufstieg verzockt: „Tief in die Scheiße gegriffen“

Spieler von Rot-Weiss Essen wetten, dass ihr Klub verliert. Die Sportfreunde Lotte fühlen sich betrogen. Bei beiden Vereinen ist der Ärger groß.

Den zwei eingesetzten Essener Spielern, die beim Spiel gegen die Amateure des BVB auf die eigene Niederlage wetteten, sind keine eklatanten Fehler nachzuweisen. Bild: dpa

Die Mannschaft ist müde, einige Spieler fehlen verletzt, die Elf von Rot-Weiss Essen wird dem Gegner aus Dortmund nicht gewachsen sein. Mit diesen Informationen wetteten drei Spieler des Ruhrpottklubs auf eine Niederlage ihres Vereins. Und so kam es: 0:4 verlor Essen am drittletzten Spieltag der Regionalliga West gegen die Amateure des BVB, die damit die Tabellenführung übernahmen.

Dass sich Dirk Jasmund, Kevin Lehmann und Güngör Kaya jetzt verantworten müssen, liegt an ihrem großzügigen Umgang mit dem Insiderwissen. Sie ließen Freunde und solche, die sie dafür hielten, teilhaben. Dann verriet sie ein anonymer Brief, adressiert an Essens Trainer Waldemar Wrobel.

Nun ist der Ärger im Klub groß. Die Spieler wurden suspendiert und fehlten bereits zum Saisonabschluss. Unter einem gellenden Pfeifkonzert wurde eine Erklärung der Sünder verlesen, in der sie ihren „Fehler“ bedauern, eine Spielmanipulation aber von sich weisen. Tatsächlich sind dem 68 Minuten eingesetzten Dirk Jasmund und Güngör Kaya, der die letzte halbe Stunde spielte, keine eklatanten Fehler nachzuweisen.

Doch RWE-Chef Michael Welling spricht davon, „als Verein tief in die Scheiße gegriffen“ zu haben. Zwar droht keine Strafe durch den Verband, doch der „Imageschaden“ für den durch den sportlichen Niedergang, Fanausschreitungen und Manipulationsskandale der Vergangenheit gebeutelten Klub ist riesengroß. Die Spieler mussten am Donnerstag zu einer Anhörung vor dem DFB-Kontrollausschuss erscheinen.

Einspruch beim DFB

Fast noch größer ist der Ärger allerdings in Lotte. Sportfreunde-Trainer Walpurgis waren bereits vor dem Spiel der Essener Gerüchte um eine mögliche Manipulation zu Ohren gekommen. Auf Nachfrage bei RWE-Coach Wrobel hieß es jedoch, daran sei nichts dran. Lotte beendete die Saison auf dem zweiten Platz, einen Punkt hinter dem BVB, und verpasste damit den Aufstieg.

Nun hat man Einspruch beim DFB eingelegt, wittert die Chance, nachträglich in die Dritte Liga aufgenommen zu werden. „Wir sind sportlich betrogen worden“, sagt Fußballobmann Manfred Wilke. Entgegen der Bewertung aus Essen, wollen die Fußballfreunde ein „eindeutig passives Verhalten“ des Spielers Jasmund festgestellt haben.

Ein gerichtsfester Nachweis über eine Spielmanipulation dürfte allerdings kaum zu erbringen sein. Doch für Wilke ist die Sache klar: „Wer auf seine Niederlage wettet, ist in seinem Spiel beeinflusst.“ Der DFB habe nun „die Chance, ein Zeichen gegen Spiel- und Wettmanipulation zu setzen“.

Ob eine Entscheidung zugunsten von Lotte möglich ist, klären die Statuten des DFB nicht eindeutig. Verlangt wird ein Einspruch innerhalb von zwei Tagen nach Spielende. Diese Frist konnte Lotte aufgrund fehlender Beweise über die wettenden Spieler nicht einhalten.

„Willi will wetten“

Doch weil die Statuten von „spielwiederholenden Einsprüchen“ sprechen, Lotte aber nicht das Ergebnis anfechten, sondern als zweiter Aufsteiger anerkannt werden will, bleibt Interpretationsspielraum. Als die Zockerei der Amateurkicker und ihrer Freunde am Freitag vergangener Woche bekannt wurde, hoffte man in Essen, Lotte würde noch sportlich aufsteigen.

Weil es anders kam, kann RWE-Chef Welling den Einspruch der Sportfreunde gut nachvollziehen: „Als Verantwortlicher von Lotte würde ich auch im Strahl kotzen.“ Doch so genau nehmen es die Essener mit der Sensibilität für das Thema nicht. Auf der RWE-Website grinst Klublegende Willi Lippens den Besuchern mit der Sprechblase entgegen: „Willi will wetten!“

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