Der Fortsetzungsroman: Kapitel 14: Suchanfragen

Was bisher geschah: Jenny wollte bei Das Kopyshop eigentlich Geld verdienen.

Auf in den Stromsparmodus. Bild: dpa

Rosmarinstraße, Roßstraßenbrücke, Rübenweg, Rückerstraße, Rungestraße, Ruppiner Straße.“ Der Erste Maat starrte auf den Bildschirm über dem Navigationsterminal. „Ist das alles, BBC? Sind das alle Straßen im Bezirk Mitte, die mit R anfangen?“

„Korrekt“, erwiderte der Blasierte Bordcomputer. „Wie deine Suchabfrage es befahl.“

„Von dir wie immer überdurchschnittliche Ergebnisse“, sagte C2H5OH und lächelte, denn C2H5OH überflog noch einmal die Liste mit den 19 Namen: „Und der Rübenweg ist wirklich in Mitte?“, fragte er.

Der Blasierte Bordcomputer hüstelte. „Nein“, sagte er. „Der ist in Britz. Aber das klingt so lustig.“

„Du hättest uns also bis nach Britz geschickt“, sagte C2H5OH. „Nur weil es so lustig klingt?“

„Wieso wollt ihr die Rchrzzzztrzkskrzstraße überhaupt finden?“, stellte der Blasierte Bordcomputer schnell eine Gegenfrage.

„Weil der Supervisor meint, dass es dort ein Raumschiff gibt, das vielleicht Ersatzteile für uns hat.“

„Und was ist, wenn es Aggressoren sind? Wenn sie euch fangen, schlachten und häuten?“, fragte der Blasierte Bordcomputer.

Aggressoren waren die geschworenen Todfeinde der Blipiden. Trotzdem lachte der Erste Maat: „Das ist immer noch besser als gefangen, gehäutet und dann geschlachtet. Außerdem könnten sie nur unsere anthropomorphische Konfiguration häuten. Wie du weißt, sind wir hochorganisch-hochorganisierte Zellcluster.“

„Wie dem auch sei“, sagte der Blasierte Bordcomputer: „Ich werde jetzt meine Festplatte defragmentieren und ich mich in den Ruhemodus zurückziehen, um unser Stromaggregat zu schonen. Wenn du irgendetwas brauchst, und sei es auch noch so wichtig oder dringend, komm in den nächsten 48 Stunden nicht zu mir. Außerdem könntest du bei Gelegenheit meine Hauptplatine mal wieder kräftig durchpimpen. Ich fühle mich manchmal so down. Und dann wieder einfach nur geloaded. Irgendwie unausgeglichen.“

„Tut mir leid, der nächste Hauptplatinen-Check ist erst in 580.000 intergalaktischen Seemeilen fällig.“ Es gab nur wenige Sachen, die C2H5OH so gerne machte, wie dem Blasierten Bordcomputer einen Gefallen auszuschlagen. „Schätze, das kann ein Weilchen dauern. Aber du hast ja eh nichts zu tun.“

Der BBC murmelte etwas, das wie „Motherboardfucker“ klang, dann wechselte die Kontrollleuchte über dem Bildschirm ihre Farbe von Grün zu Hellblau, und eine Spieluhr erklang.

C2H5OH sah hinüber zu Jenny. Sie saß vor ihrem Laptop, betrachtete die Fotos von der Grünen Woche und machte sich Notizen in ihrem völlig vollgestopften Ringbuch. Wie gerne hätte er sich jetzt neben sie gesetzt und mit ihr geredet. Lieber noch geschwiegen, weil ihm leider nichts einfiel, worüber sie hätten reden können. Professor Phäno scharwenzelte die ganze Zeit in Jennys Nähe herum. Sah er denn nicht, dass sie ihre Ruhe brauchte?

Jenny brauchte dringend ein Bier. Heute war Ultimo, und von den Blipiden hatte sie keinen Cent gesehen, seit sie hier mit der Arbeit angefangen hatte. In einem Müllbeutel neben dem Raumschiff sammelten sie die Marshmallows. Natürlich fanden die Bewohner von Mitte die Idee mit den Marshmallows total innovativ und lustig und spendeten gerne: zum Beispiel weiße Schaumgummimäuse, die für die Motoren auf Blip das reinste Gift waren.

Jenny betrachtete sich das Foto von einem besonders fetten Kind, das in der einen Hand eine riesige Rostbratwurst und in der anderen eine Eiswaffel hielt. Das hier und noch ein, zwei andere konnte sie bestimmt im Kalender Obesity 2014 unterbringen. Die zahlten aber erst im Juli, bis dahin war sie verhungert. Trotzdem war das Ende des Monats nicht das Ende der Welt. Sie konnte jederzeit ihre reiche Freundin Luna anpumpen. Jennys Blick fiel auf die beiden Kopierer. Geklaut, zweifelsohne. Dabei reichten zwei Kopierer nicht, um sie zu ernähren. Geschweige denn, um ihre neue Fotoausrüstung zu finanzieren. Sie brauchten mehr davon, auch wenn man sie früher oder später erwischen würde. Wo war eigentlich C2H5OH? Sie mochte den Ersten Maat, seine menschelnde Hülle zumindest. Er hatte ihr zu erklären versucht, wie Blipiden wirklich aussahen. Eine Qualle mit dem IQ eines Genies, hatte Jenny gedacht und diesen Gedanken gleich wieder verscheucht. C2H5OH war hier auf einer beruflichen Mission, und im Rahmen dieser Mission hatte er schöne Hände und einen Knackarsch. Ob er privat aussah wie Gallert, war ihr egal.

Die aktuelle Folge von Das Kopyshop immer donnerstags am Kiosk im taz.plan der taz.berlin.

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