Der Fußball von Borussia Dortmund: Die Magie ist weg

Ganz Dortmund liegt nach den jüngsten Spielen Michy Batshuayi zu Füßen. Die Austauschbarkeit des Hypes erinnert an serielle Monogamie.

Ein Fußballer macht einen Salto

Bloßes Zitat: der Salto von Michy Batshuayi Foto: reuters

Er hat ihn gestanden. Gut, es sah weniger wolkenleicht und elegant aus, als man es von Aubameyang gewohnt war, aber nun: der BVB unter Stöger schaut ja zuallererst aufs Ergebnis. Und das heißt aktuell: drei Tore in zwei Spielen, sechs Punkte, Platz drei.

Da sind Abzüge in der B-Note verkraftbar, insbesondere weil – Plattitüdentime – es ja trotz des hervorragenden Einstands erfreulich ist, dass nichtsdestotrotz nach oben noch Luft ist und es ohnehin im Fußgball keinen Schönheitspreis zu gewinnen gibt, auch wenn Davie Selkes Beautyberater nicht müde wird, täglich das Gegenteil zu behaupten.

Jedenfalls liegt nun ganz Dortmund Michy Batshuayi zu Füßen, nicht nur wegen der ausgesprochen guten Quote, sondern auch, weil der Jung da vorn was tut: ackern, kämpfen, laufen. Der eher auf spielentscheidende Momente fokussierte Aubameyang wird im übrigen auch wieder lieb gehabt, halt bloß woanders. Es könnte also alles schön sein.

Und trotzdem fühlt es sich fahl an. Es geht alles so schnell. Es ist alles so austauschbar geworden, es ist so eine Ikea-Zuneigung. Diese „Echte Liebe“ (TM) erinnert fatal an serielle Monogamie.

Batshuayis Unverzichtbarkeit

Wer das gut verstanden hat, ist Batshuayi selbst. Er präsentiert sich als Kopie, als Fortsetzung. Das wirkt auch sehr bescheiden, entsprechend sagte er im Post-Match-Interview, er wolle noch mehr an sich arbeiten, das Spiel analysieren, verstehen, was noch besser ginge. Sowas hört man gern, denn es wirkt so, als wüsste er, wo sein Platz ist.

Wenn sich Batshuayi das Spiel nochmal ansehen wird, wird er vor allem eines feststellen: seine eigene Unverzichtbarkeit, hergestellt in zwei Spieltagen. Denn beim Anblick des Spiels drängte sich vor allem eine Frage auf: Wie zur Hölle hat der HSV es überhaupt geschafft, in dieser Saison 17 Tore zu schießen? Wie konnte das denn bloß passieren? Wer soll überhaupt bei denen am Ende einer der durchaus gefällig heruntergespielten Ballstafetten im gegnerischen Strafraum an den Ball kommen?

Es scheint aktuell eine Rückbesinnung auf individuelle Klasse zu geben, ein Move weg von einer wie auch immer gearteten Spielidee hin zu persönlichen Fähigkeiten. So hat Heynckes die Bayern wieder hinbekommen, die weit weniger inspiriert wirkten als die mutigen Schalker gestern, aber halt, bayrisch gesprochen, brutal effektiv waren und sich auf ihre Egos im Sturm verlassen konnten.

Wie im Merkel-Fußballland

Spielsystem heißt aktuell, die Spielidee des Gegners zu unterminieren, um dann irgendwie vorne mit Glück und Teufel einen reinzumachen, selbst wenn man es eigentlich besser könnte. Deswegen reißen Bundesligisten international aktuell nichts: Weil sie im Grunde nicht viel anzubieten haben, weil sie das Ergebnis über alles stellen. Es ist ein Merkel-Fußballland geworden.

Und da fügt sich Batshuayi gut ein. Selbst dem Salto hat er das Kapriziöse ausgetrieben. Er ist nichts eigenes mehr, bloß Zitat, Reminiszenz. Immerhin eine gut gemachte. Aber der Jubel darüber bleibt fahl. Man sieht es und glaubt es nicht mehr. Die Magie ist weg. Dieser Salto ist keine Verheißung gewesen, sondern ein Höhepunkt. Ein Höhepunkt im übrigen, der beruhigend wirken soll – als wäre das der Sinn von Höhepunkten.

Ideenarme Zeiten sind voller Zitate und Michy Batshuayi hat das verstanden. Damit ist er der richtige Mann am rechten Ort. Der BVB kann sich beglückwünschen, sie haben genau das bekommen, was sie brauchten: einen Spieler, dessen Instinkt sogar nach dem Tor passt. Und trotzdem, irgendwas fehlt.

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