piwik no script img

Der Held von Bondi BeachEr wollte nur einen Kaffee trinken

Um den Obstverkäufer, der einen der Angreifer von Sydney überwältigte, rankten sich zunächst Verschwörungstheorien. Spenden bescheren ihm nun mehr als 550.000 Dollar.

Der Premier von New South Wales, Chris Minns, besucht den „Helden von Sydney“, Ahmed al-Ahmed, an seinem Krankenbett Foto: @ChrisMinnsMP via X

dpa / ABC | Sein Mut beeindruckt weltweit: Bei dem Mann, der einen der Angreifer von Sydney überwältigt hat, handelt es sich Angaben eines Verwandten zufolge um Ahmed al-Ahmed, einen 43 Jahre alten Obstladenbesitzer und zweifachen Vater. Mohammed al-Ahmed, ein Cousin des Vaters von Ahmed al-Ahmed, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er befinde sich mittlerweile in einem stabilen Gesundheitszustand.

Dem australischen Sender ABC zufolge erlitt er Schusswunden in der Schulter und muss mehrfach operiert werden. Die Schusswunden soll ihm der zweite Angreifer zugefügt haben, der von einer Brücke schoss. Bei dem Anschlag auf ein jüdisches Fest am beliebten Strand Bondi Beach starben 16 Menschen, unter ihnen ein Täter.

Eine Spendenaktion zugunsten des Mannes hat demnach innerhalb von zwölf Stunden mehr als 550.000 Dollar eingebracht. Al-Ahmed hat seinem Familienmitglied zufolge zwei Töchter, drei und sechs Jahre alt.

Seine Eltern sind stolz auf ihn

Millionenfach in sozialen Netzwerken geklickte Aufnahmen zeigen, wie al-Ahmed sich von hinten an einen der beiden Angreifer anpirscht. Er umgreift ihn von hinten und entreißt ihm nach einem kurzen Kampf die Waffe. Zunächst richtet er sie auf den am Boden liegenden Angreifer und lässt ihn dann weggehen. Der Entwaffnete dreht sich mehrfach um, als er davon humpelt.

„Mein Sohn ist ein Held“, sagt Vater Mohamed Fateh al-Ahmed auf Arabisch dem Sender ABC. Sein Sohn sei seit 2006 in Australien und australischer Staatsbürger. Die Eltern seien erst vor eineinhalb Monaten für einen Besuch nach Australien gereist, sagte der Cousin. Sie leben in Idlib im Nordwesten Syriens.

Der 43-Jährige sei früher in Syrien bei der Polizei gewesen und bei den Sicherheitskräften gewesen, hieß es in dem ABC-Bericht. „Er hat den Drang, Menschen zu beschützen. Als er Menschen am Boden liegen sah und überall Blut, zwangen ihn sein Gewissen und seine Seele sofort dazu, sich auf einen der Terroristen zu stürzen und ihm die Waffe zu entreißen“, sagt der Vater. „Ich fühle Stolz und Ehre – denn mein Sohn ist ein Held von Australien.“

Er wollte nur einen Kaffee trinken

Sein Sohn habe mit einem Freund Kaffee trinken wollen, als die beiden die bewaffneten Männer gesehen hätten, erzählt der Vater der Übersetzung des Senders zufolge.

Ahmed al-Ahmed ist seinem Verwandten zufolge Muslim. Er habe vier Schwestern und zwei Brüder – einer von ihnen lebt demnach in Deutschland, der andere in Russland.

Die Mutter des 43-Jährigen, Malakeh Hasan al-Ahmed, sagt ABC: „Ich bin stolz, dass mein Sohn Menschen geholfen hat, er hat Leben gerettet, Seelen, Gott wird ihm nicht schaden, weil er ein Wohltäter war. Mein Sohn ist schon immer mutig gewesen, er hilft Menschen, so ist er.“ Als dem Angreifer die Munition ausgegangen sei, habe ihr Sohn ihm die Waffe abgenommen, aber er sei getroffen worden. „Wir beten, dass Gott ihn beschützt.“

Lobeshymnen und Verschwörungstheorien

Der Ministerpräsident des Bundesstaates New South Wales, Chris Minns, sagte, dank des Mutes des Mannes seien viele Menschen heute noch am Leben. Er sei ein echter Held. Auch Australiens Premierminister Anthony Albanese feierte Al Ahmed als Helden.

In den USA würdigten selbst US-Präsident Donald Trump und der konservative Milliardär und Hedgefonds-Manager William Ackman seinen Mut. Trump erwähnte seine Tat während einer Rede im Weißen Haus und sagte, er habe „viele Leben gerettet“. Ackmans wiederum sagte bei einer Online-Spendenaktion eine Spende in Höhe von 100.000 Dollar zugunsten von Ahmed zu – die höchste Zusage bislang.

Doch neben Lob gab es auch Verschwörungstheorien um ihn. In sozialen Netzwerken hatte sich zunächst die Behauptung verbreitet, der Held von Sydney heiße nicht Ahmed Al Ahmed, sondern Edward Crabtree. Diese Behauptung geht auf eine gezielt gestaltete Fake-Webseite zurück, die dem australischen Jugendnachrichtenportal „The Daily Aus“ nachempfunden ist. Der KI-Chatbot Grok auf der Plattform X bezog sich offenbar zunächst auf diesen Fake und verbreitete fälschlicherweise, ein Mann namens Edward Crabtree habe den Täter entwaffnet. Später korrigierte sich der Chatbot.

Oft geteilte wurde auch die Behauptung, Muslime in Sydney hätten den verheerenden Anschlag mit einem großen abendlichen Feuerwerk gefeiert. Es gab tatsächlich ein Feuerwerk am Abend des Anschlagtages – allerdings bei einem weihnachtlichen Nachbarschaftsfest des Rotary Club im Vorort Padstow rund 30 Minuten Autofahrt von Bondi Beach entfernt. Am dritten Advent hatte der Club in den dortigen Playford Park eingeladen.

Auf den Plattformen X und Reddit machte außerdem die Behauptung die Runde, der Anschlag sei eine von Israel oder dem Geheimdienst Mossad inszenierte Operation unter falscher Flagge gewesen. Deren Ziel sei es gewesen, internationale Sympathie für Israel zu erzeugen. Dabei seien israelische Soldaten angeblich als Täter und Schauspieler als Opfer eingesetzt worden. Solche antisemitischen und antimuslimischen Verschwörungsnarrative treten regelmäßig nach Gewalttaten auf.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare